Von der biologischen Abrüstung zur Biosicherheit: Versicherheitlichung oder Humanisierung der Kontrolle biologischer Waffen nach dem 11. September 2001?

Das Regime zur Kontrolle biologischer Waffen liegt an einer Schnittstelle sicherheitspolitischer und humanitärer Fragen. Seit Mitte der 1990er Jahre und spätestens mit den Anschlägen des 11. September 2001 und den im gleichen Jahr in den USA verschickten Milzbrand-Briefen wurde die Bedrohung durch Bioterrorismus in vielen Ländern als steigend wahrgenommen. In diesem Kontext erfuhr auch das Biowaffen-Regime eine veränderte sicherheitspolitische Aufmerksamkeit, und Aspekte der Laborsicherheit und der öffentlichen Gesundheit, also nicht-militärische und im Falle der Gesundheit humanitär besetzte Themen, wurden stärker betont.

Die daraus entstandene politische Spannung wird verstärkt durch den jahrzehntealten Konflikt zwischen den Geboten der Nichtverbreitung biologischer Waffen und der weitestmöglichen Förderung friedlicher Biotechnologienutzung, der in das Biowaffen-Regime eingelassen ist und der in engem Zusammenhang mit Fragen der Verteilungs- und Teilhabegerechtigkeit steht.


Vor diesem Hintergrund wurde untersucht, welche Auswirkungen die zunehmende Verschmelzung von Sicherheits- und humanitären (Gesundheits-)aspekten für die biologische Abrüstung hat und welche Rolle dabei unterschiedliche Gerechtigkeitsvorstellungen spielen. Die Untersuchung ergab, dass durch diese anhaltende Verschmelzung die Grenzen des Biowaffen-Regimes zu Politikbereichen außerhalb des sicherheitspolitischen Feldes zunehmend verschwimmen, dass sich die Art und Zahl der Stakeholder vervielfacht hat und dass beides die effektive Steuerung und Regulierung dieses Politikfelds gerade auch in seinen Kernbereichen klassischer Sicherheits- und Abrüstungsfragen erschwert. Die diagnostizierten Gerechtigkeitskonflikte wirken sich zudem negativ auf die Bereitschaft und den Handlungsspielraum der Akteure aus, pragmatische Lösungsansätze für bekannte Probleme zu entwickeln, so dass die Regimeentwicklung seit Jahren stagniert.

Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse werden nun Handlungsoptionen dafür erarbeitet, das Biowaffenverbot nachhaltig wirksamer zu gestalten und möglichen neuen Risiken durch biologische Waffen präventiv zu begegnen.

Projektleitung:
Mitarbeiter/innen:
1
Die Covid-19-Pandemie: Schlaglicht auf das Spannungsfeld von Biowaffenkontrolle, Biosicherheit und globaler Gesundheit | 2020

Jakob, Una (2020): Die Covid-19-Pandemie: Schlaglicht auf das Spannungsfeld von Biowaffenkontrolle, Biosicherheit und globaler Gesundheit, in: Zeitschrift für Friedens- und Konfliktforschung, DOI: 10.1007/s42597-020-00039-9.

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2
B-Waffen-Übereinkommen. 8. Überprüfungskonferenz 2016 | 2017

Becker-Jakob, Una (2017): B-Waffen-Übereinkommen. 8. Überprüfungskonferenz 2016, in: Vereinte Nationen, 1/2017, 31, www.dgvn.de/(...).

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3
Building Confidence over Biological Matters in the Middle East | 2015

Becker-Jakob, Una (2015): Building Confidence over Biological Matters in the Middle East, in: Müller, Harald/Müller, Daniel (eds), WMD Arms Control in the Middle East. Prospects, Obstacles and Options, Farnham and Burlington, 165-173.

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4
Balanced Minimalism | 2013

Becker-Jakob, Una (2013): Balanced Minimalism. The Biological Weapons Convention after its 7th Review Conference, PRIF Report No. 120, Frankfurt/M.

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Förderer

Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, Goethe-Universität Frankfurt
Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, Goethe-Universität Frankfurt
www.normativeorders.net