Bei vielen Anschlägen der letzten Jahre spielte der digitale Raum bei der Radikalisierung der Täter eine zentrale Rolle: Extremisten wie Anis Amri (Berlin, Deutschland), Brenton Tarrant (Christchurch, Neuseeland) und Stephan Balliet (Halle, Deutschland) nutzten Social Media-Plattformen, um Informationen zu sammeln und zu verbreiten, um sich zu vernetzen und zu inszenieren. Sie tauschten sich außerdem mit Gleichgesinnten aus und verbreiteten die Anschläge teilweise live sogar live vor einem großen Publikum. Gerade durch die Kommunikation radikaler oder extremistischer Akteure lässt sich viel über Radikalisierungsprozesse lernen, die in der virtuellen Welt stattfinden. Der Inhalt und seine Darstellung sowie die Art und Weise, wie die Akteure kommunizieren, sind dabei von zentraler Bedeutung und können als Ausgangspunkt dienen, um die am besten geeigneten Präventions- und Demobilisierungsmaßnahmen zu entwickeln.
Im Rahmen dieses Forschungsfeldes haben Daten, die in sozialen Medien gesammelt werden, zunehmend an Bedeutung gewonnen – das zeigen zahlreiche wissenschaftliche Publikationen, die auf Daten aus sozialen Medien basieren, bspw. von Facebook, Twitter, YouTube und Instagram. Dabei kann ein extrem großer Datenpool genutzt werden, um Hypothesen zu entwickeln und zu testen. Es gibt aber auch Einschränkungen und Fallstricke: Dies betrifft mögliche ethische und datenschutzrechtliche Anforderungen, die Forschende zwar vor Herausforderungen stellen, aber auch viele Chancen bieten. Während Transparenz und die Leitlinie "Maximierung des Nutzens und Minimierung des Schadens" während des gesamten Forschungsprozesses unerlässlich sind, gibt es weitere Prinzipien und Richtlinien, die berücksichtigt werden müssen.
In ihrem neuen Bericht fassen Manjana Sold und Julian Junk zunächst einige wichtige ethische Überlegungen zusammen, die im Forschungsprozess berücksichtigt werden sollten. Außerdem geben sie Einblicke in die wichtigsten Datenschutzprinzipien, die beachtet werden müssen. Anschließend beleuchten sie die Möglichkeiten und Abwägungen, die den Forschenden in diesem Zusammenhang abverlangt werden. Im dritten Abschnitt diskutieren sie das Zusammenspiel zwischen Forschenden, Datenquellen und Richtlinien von Plattformen und geben dazu Empfehlungen.
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Die HSFK ist der zentrale europäische Partner des Global Network on Extremism and Technology (GNET), dem akademischen Forschungszweig des Global Internet Forum to Counter Terrorism (GIFCT). GNET nahm im Sommer 2020 seine Arbeit auf und zielt darauf ab, besser zu verstehen, wie Extremistinnen und Extremisten verschiedene Technologien einsetzen.
Das Netzwerk fördert Forschung, deren Ergebnisse für die Politik relevant sind und zur Abwehr von realen extremistischen Gefahren beitragen. Die Initiative mit ihrem internationalen Netzwerk von Expertinnen und Experten, wurde vom International Centre for the Study of Radicalisation (ICSR), das am King's College London angesiedelt ist, ins Leben gerufen. Neben dem ICSR und der HSFK sind die zentralen Mitglieder von GNET das Program on Extremism (PoE; George Washington University, Washington, D.C., USA), das Centre of Excellence for National Security (CENS; S. Rajaratnam School of International Studies, Singapur) und das Lowy Institute (LI; Sydney, Australien).
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