[1] Jeremy Diamond: „Trump: ‘We Can’t Continue to Allow China to Rape Our Country’”, 2.5.2016, http://edition.cnn.com/2016/05/01/politics/donald-trump-china-rape/.
[2] Girish Shetti: „Donald Trump Says China Will ‘Behave’ Under His Presidency“, 20.5.2016, www.chinatopix.com/articles/87999/20160520/donald-trump-china-will-behave-under-presidency.htm.
[3] Robert E. Lighthizer: „Donald Trump Is No Liberal on Trade“, 9.5.2011, www.washingtontimes.com/news/2011/may/9/donald-trump-is-no-liberal-on-trade/.
[4] Siehe hierzu z.B. den von Peter Navarro verantworteten Dokumentarfilm „Death by China“ von 2012 sowie seine Bücher, u.a. „The Coming China Wars“ (2006), New Jersey: FT Press, und „Crouching Tiger: What China’s Militarism Means for the World” (2015), Amherst: Promotheus Books.
[5] Alexander Gray/Peter Navarro: „Donald Trump’s Peace through Strength Vision for the Asia-Pacific“, 7.11.2016, http://foreignpolicy.com/2016/11/07/donald-trumps-peace-through-strength-vision-for-the-asia-pacific/.
[6] So wird Flynn zitiert in Thomas E. Ricks: „Inside General Flynn’s Brain“, 26.12.2016, http://foreignpolicy.com/2016/12/26/inside-general-flynns-brain-2/.
[7] Ankit Panda: „Rex Tillerson, Trump’s Secretary of State Nominee, Has a Dangerous Idea for the South China Sea”, 12.1.2017, http://thediplomat.com/2017/01/rex-tillerson-trumps-secretary-of-state-nominee-has-a-dangerous-idea-for-the-south-china-sea/.
[8] Siehe Fn. 5 und Mahita Gajanan: „Read Donald Trump’s Fox News Interview on Russia, Climate Change and His Company’s Future“, 11.12.2016, http://time.com/4597416/transcript-donald-trump-fox-interview/.

China: Trumps Gegenspieler in Ostasien

von Peter Kreuzer

in: Caroline Fehl und Marco Fey (Hg.), "America first": Die Außen- und Sicherheits­politik der USA unter Präsident Trump, HSFK-Report Nr. 1/2017, Frankfurt/M, S. 29-31.

Die Obama-Regierung hat in den vergangenen acht Jahren viele Anstrengungen unternommen, die wachsende ökonomische und militärische Gestaltungsmacht Chinas zu steuern und einzudämmen – zugleich aber auch stets eine engere Kooperation mit China angestrebt. Demgegenüber erscheint China in den bisherigen Äußerungen Donald Trumps als der Erzrivale der USA, den es zu unterwerfen gilt. Seine Wahlkampf-Äußerungen zu China sprechen von Bewunderung für Chinas Erfolg und Wut über amerikanisches Politikversagen.

Für Donald Trump ist der Aufstieg Chinas eine eminente Bedrohung der USA: China stehle amerikanisches geistiges Eigentum, es manipuliere Währungen, es breche sämtliche Handelsregeln, es rüste militärisch auf und errichte einen massiven militärischen Komplex in der Mitte des Südchinesischen Meeres. Kurz: China „vergewaltige“ die USA: „We can't continue to allow China to rape our country, and that's what they're doing” [1]. Generell konstatiert Trump fehlenden chinesischen Respekt vor Amerika. Da aber die chinesische Führung nur Stärke respektiere, sollten die USA ihre ökonomische und militärische Macht einsetzen, um China an seinen Platz zu verweisen: „Let me tell you something. China will behave and China will be our friend. […]  They are going to respect our country again“ [2].

Dass diese radikale Sicht auf China mehr als nur Wahlkampfgetöse ist, hat Trump mit einer Reihe von symbolträchtigen Handlungen und Ernennungen seit seinem Wahlsieg schon deutlich gemacht. Bei aller Unsicherheit erscheint klar, dass die Beziehungen zu China ebenso wie die sicherheitspolitische Situation in Ostasien unter Trump in raues Fahrwasser geraten werden. 

Mit dem angekündigten Rückzug der USA aus dem geplanten transpazifischen Freihandelsabkommen TPP ändert sich zwar am Status quo partieller Freihandelsregime zwischen verschiedenen Akteuren der Region nichts, sehr wohl aber wird verdeutlicht, dass es der neuen Regierung ernst ist mit ihrem Schwenk zum Protektionismus. In die gleiche Richtung zielen Trumps Drohungen, gegen China notfalls mit Strafzöllen und Klagen vor der Welthandelsorganisation WTO vorzugehen, sowie die Ernennung von Robert Lighthizer zum Handelsbeauftragten. Er warnt seit vielen Jahren vor der Wirtschaftsmacht Chinas, trat schon 2011 für Importzölle ein und gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass Freihandel letztlich die Gegner der USA stärken und eine Welt schaffen könnte, „where countries who abuse the system – such as China – are on the road to economic and military dominance.“[3] Auch Peter Navarro, der zukünftige Chef des neu zu schaffenden Nationalen Handelsrats ist nicht nur ein scharfer Kritiker Chinas, sondern befürwortet eine klar konfrontative Politik – ökonomisch und sicherheitspolitisch [4].

Militärisch kritisieren Navarro und andere Berater Trumps, dass der amerikanische Schwenk nach Asien in Reaktion auf die wachsende chinesische Militärmacht nicht entschlossen genug war und es daher eines drastischen Ausbaus der amerikanischen Marinekapazitäten in der Region bedürfe. Nur so sei China in seine Schranken zu weisen. Diese Politik setzt in den Worten Navarros allein auf „undiminished American strength in support of U.S. national interests“ [5]. Der neue Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn hat sich in der Vergangenheit noch deutlicher dahin gehend geäußert, dass es keinen Ersatz für amerikanische Macht geben kann. „Erdrückende Macht“ sei das beste Mittel der Abschreckung. Selbst wenn sie versage, böte sie die beste Gewähr, dass Aggressoren zu den geringstmöglichen Risiken besiegt werden können [6].

Ökonomisch dürfte ein amerikanischer Unilateralismus, der auf Protektionismus und Konfrontation mit China setzt, zu einer vertieften Kooperation zwischen China und einer wachsenden Zahl asiatisch-pazifischer Länder führen. Schon jetzt wird die Arbeit am „Konkurrenzprodukt“ zum TPP, dem von China favorisierten regionalen Freihandelsabkommen RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership) verstärkt. Mit Peru und Chile haben inzwischen auch erste lateinamerikanische Länder Interesse gezeigt, RCEP beizutreten. 

Sicherheitspolitisch erscheint die neue, nur noch auf eigene Interessen und unbedingte Überlegenheit setzende Politik extrem gefährlich. Dies gilt insbesondere im Südchinesischen Meer, wo sich der Konflikt zwischen China und mehreren ASEAN-Staaten um territoriale Kontrolle und maritime Rechte nach Jahren der Krise seit Mitte 2016 in ruhigeres Fahrwasser bewegt hat. Der Kandidat für den Posten des Außenministers, Rex Tillerson, hat Anfang Januar 2017 öffentlich für eine bis dato nicht gekannte Politik der Konfrontation mit China optiert. Die USA sollten nicht nur klare Signale gegen den Ausbau der chinesisch besetzten Inseln aussenden, sondern auch klarstellen, dass der chinesische Zugang zu diesen Inseln in Zukunft nicht mehr erlaubt werde [7]. Wenn die USA diesen Ankündigungen Taten folgen lassen, droht nach der temporären Beruhigung ein Sturm mit gefährlichem militärischen Eskalationspotenzial. Auch würden sich die USA damit außerhalb des internationalen Seerechts stellen, da eine Beschränkung der Freiheit der Schifffahrt durch ein Land nur innerhalb von dessen eigenen Territorialgewässern und, unter sehr spezifischen Umständen, innerhalb der eigenen Ausschließlichen Wirtschaftszone statthaft ist. 

Zumindest genauso bedrohlich erscheint die Situation in der Taiwan-Straße. Die relativ entspannte Situation der vergangenen acht Jahre war schon durch die Wahl einer neuen taiwanesischen Präsidentin in Turbulenzen geraten. Diese akzeptierte den bis dato gültigen und aus chinesischer Sicht unabdingbaren Formelkompromiss nicht, wonach es nur ein China gibt, zu dem Taiwan gehört. Trump hat mit einem Telefonat mit der taiwanesischen Präsidentin die seit Mitte der 1970er Jahre gültige Ein-China-Position der USA in der Praxis infrage gestellt. Schon vor den Wahlen hatten prominente Trump-Berater für eine stärker pro-taiwanesische Politik geworben, und im Dezember 2016 legte Trump nach, indem er die Ein-China-Politik zur Verhandlungsmasse für die Neuverhandlung wirtschaftlicher Beziehungen mit China erklärte [8]. Sowohl die Ein-China-Politik als auch das Fernziel der Wiedervereinigung sind für China aber nicht verhandelbar. 

So spricht derzeit alles für eine drastische Verschärfung der Konfrontation der USA mit China, notfalls ohne Rücksichtnahme auf abweichende Interessen von Alliierten. Gleichzeitig schwächt Trumps Politik, konkret seine Ablehnung des TPP, die amerikanische Position in der Region, der sie ökonomisch nicht mehr viel anzubieten hat. Eine militärzentrierte US-Strategie unter Trump bei gleichzeitig wachsendem Handelsprotektionismus stellt die ostasiatischen Staaten vor ein Dilemma. Sollen sie auf lukrative chinesische Avancen im Rahmen der Seidenstraßeninitiative und darüber hinaus eingehen, um ihr Wirtschaftswachstum zu stabilisieren? Oder sollen sie sich stärker auf Seiten der USA positionieren, was zu ökonomischen Kosten, verstärkter Konfrontation mit China und neuen Krisen führen dürfte? 

Eine verschärfte Auseinandersetzung der beiden Großmächte zwänge auch die anderen Staaten der Region dazu, sich neu zu positionieren. War bisher in der generellen Wahrnehmung China der „Aggressor“, so könnte sich dies zukünftig ändern. Bei kluger Politik kann China für viele regionalen Mächte zur verlässlicheren und für den regionalen Frieden weniger bedrohlichen Macht werden als eine erratische und aggressiv auftretende USA, die noch dazu durch protektionistische Maßnahmen die exportabhängigen regionalen Ökonomien schwächt. 

Wie wird sich die US-Außen- und Sicher­heits­politik unter Donald Trump gestalten? HSFK-Expertinnen und -Experten werfen im HSFK-Report „America first: Die Außen- und Sicherheits­politik der USA unter Präsident Trump“ Blicke auf Themen, die aus Sicht der Friedens- und Konfliktforschung besonders relevant sind.