Hans-Jürgen Brandt

„Justice is achieved if peace is restored“

Indigenous Justice, Legal Pluralism, and Change in Peru and Ecuador

Kurzbeschreibung

Partly for reasons of cultural identity and partly because the state has proved unable to protect them against criminality, indigenous communities in Peru and Ecuador have maintained their traditional judicial systems. Though recognized constitutionally, these systems continue to be a source of legal and political contention.

Considering both the major social significance of indigenous justice as a means of conflict-resolution and the ongoing controversy over its scope, information about current judicial practice in the communities in question is surprisingly scant. It is on this gap in research that the present study focuses, examining in particular: the principles and rules applied in indigenous justice; the relative frequencies of different types of conflict and conflict-resolution; the problems associated with this type of justice; the differences between the various legal cultures reviewed; and key trends and determinants of change.

The study, of mixed-method design, reveals that indigenous justice is primarily consensus-oriented. Its chief objective is to restore communal peace and reintegrate offenders. The legal regulations and practices used to achieve these goals, however, are not static: the notion of autochthonous legal systems based on immutable ‘ancestral’ rules is a myth. Contrary to what this common preconception would suggest, the study indicates that any traditional legal norms that run counter to the interests of the local community are modified by the introduction of new legal rules, many of which – such as the protection of women from gender-based violence – derive from state law. Among the factors which indigenous representatives interviewed for this study considered key in bringing about change was local NGO-led education and training – notably on human rights.

[Deutsche Kurzbeschreibung:]

Die indigenen Dorfgemeinschaften in Peru und Ecuador haben aus Gründen der kulturellen Identität und weil der Staat nicht in der Lage ist, sie vor der verbreiteten Kriminalität zu schützen, ihre traditionellen Justizsysteme aufrechterhalten. Obwohl diese Gerichtsbarkeit verfassungsrechtlich anerkannt wurde, ist sie nach wie vor rechtlich und politisch umstritten. Die Konflikte entzünden sich im Wesentlichen an der Kompetenzabgrenzung zwischen den staatlichen und kommunalen Instanzen. Der Grund ist, dass es in beiden Ländern der Gesetzgeber bisher unterlassen hat, den jeweiligen Verfassungsaufträgen zu folgen und Gesetze zur Koordinierung der Justizsysteme zu erlassen. Angesichts der sozialen Bedeutung der indigenen Justiz als wichtigstes Instrument der interpersonalen Konfliktlösung und der Aufrechterhaltung des friedlichen Zusammenlebens in den dörflichen Gemeinschaften einerseits und des weiterhin schwelenden Konfliktes über die Grenzen dieser Justiz andererseits, liegen erstaunlicherweise nur wenige empirische Forschungsergebnisse über die Praxis der indigenen Justiz vor. Auf diese Lücke zielt die vorliegende Studie. Sie untersucht die Prinzipien und rechtlichen Normen, die der indigenen Justiz zugrunde liegen, ferner die ihr immanenten Probleme, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der in die Studie einbezogenen Rechtskulturen, die Entwicklungstrends und die Faktoren, die den Wandel begünstigen.

Die auf einem Mix empirischer Methoden basierende Untersuchung belegt, dass die indigene Justiz in erster Linie konsensorientiert ist. Ihr wesentliches Ziel ist, den durch die Straftat gestörten kommunalen Frieden wiederherzustellen und die Straftäter in die dörfliche Gemeinschaft zu reintegrieren. Die angewandten Normen und Praktiken sind jedoch nicht statisch: Die immer wieder zu lesende Meinung, die kommunalen Rechtssysteme basierten auf angestammten, "uralten" rechtlichen Regeln, erweist sich als Mythos. Die Studie zeigt, dass die Rechtssysteme der Dorfgemeinschaften dynamisch sind: Traditionelle Normen, die den Entwicklungsinteressen der Dorfgemeinschaft widersprechen, werden durch neue Normen ersetzt; viele davon sind aus dem staatlichen Recht abgeleitet – wie zum Beispiel Schutzrechte der Frauen gegen genderspezifische Gewalt. Zu den Faktoren, die nach Meinung der befragten lokalen Repräsentanten einen Wandel fördern, zählen anwendungsorientierte Fortbildungs- und Beratungsprogramme von Nichtregierungsorganisationen, insbesondere zu Menschenrechtsfragen.

Bibliographische Angaben

Brandt, Hans-Jürgen (2017): „Justice is achieved if peace is restored“. Indigenous Justice, Legal Pluralism, and Change in Peru and Ecuador, PRIF Working Papers No. 37, Frankfurt/M.

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