[1] Donald Trump, Tweet, 11.1.2013, https://twitter.com/realdonaldtrump/status/289807790178959360.
[2] Pamela Engel: „Donald Trump: ‘I Would Bomb the S--- out of’ ISIS“, 13.11.2015, http://businessinsider.com/donald-trump-bomb-isis-2015-11.
[3] Jenna Johnson: „Donald Trump: Let Russia Fight the Islamic State in Syria“, 25.9.2015, http://washingtonpost.com/news/post-politics/wp/2015/09/25/donald-trump-let-russia-fight-the-islamic-state-in-syria.
[4] Steven Mufson: „Trump’s Illegal, Impossible, and ‘Beyond Goofy’ Idea of Seizing Iraq’s Oil“, 9.9.2016, http://washingtonpost.com/news/energy-environment/wp/2016/09/09/trump-thinks-the-u-s-should-take-the-oil-in-iraq-heres-why-that-is-not-so-easy.
[5] Anwar Iqbal: „Trump Says US Troops Needed in Afghanistan to Protect Pak N-arms“, 5.3.2016, http://dawn.com/news/1243642.

Afghanistan und Irak: Internationalisierte Bürgerkriege und regionale Allianzen

von Arvid Bell

in: Caroline Fehl und Marco Fey (Hg.), "America first": Die Außen- und Sicherheits­politik der USA unter Präsident Trump, HSFK-Report Nr. 1/2017, Frankfurt/M, S. 39-40.

In Afghanistan und im Irak ist die militärische „Befriedung“ nach den Interventionen von 2001 bzw. 2003 gescheitert. Die Situation in beiden Ländern ist eng mit regionalen Problemen in Zentralasien bzw. im Nahen Osten verknüpft. Eine politische Verhandlungslösung in Afghanistan ist schwierig, im Irak umso mehr.

In Afghanistan sind die Taliban zwar offiziell von der Macht vertrieben, haben parallel zum Abzug der meisten NATO-Truppen ihren Einfluss in den Provinzen jedoch massiv ausgeweitet. Mit spektakulären militärischen Operationen an strategisch wichtigen Orten versuchen sie, die afghanischen Sicherheitskräfte als überfordert bloßzustellen. Ohne die NATO-Unterstützungsmission wäre die Lage der Regierungstruppen noch prekärer. Sollte die US-Regierung ihre finanzielle Hilfe einstellen, stünden die afghanischen Streitkräfte vor dem Zusammenbruch. Die Anzahl der im Krieg verwundeten oder getöteten Zivilistinnen und Zivilisten kletterte 2016 auf ein neues Rekordhoch.

Im Irak ist die Lage noch gravierender. Mit der Verschmelzung des irakischen Bürgerkrieges und der Aufstandsbewegung im benachbarten Syrien ist die Situation dramatisch eskaliert. Die gegenwärtige US-Strategie umfasst Luftschläge gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS), Waffenlieferungen an Regierungskräfte und kurdische Milizen sowie Spezialkräfte. Außerdem hat Washington eine Militärallianz mobilisiert, die auch regionale Staaten wie Jordanien und Marokko umfasst.

Es war stets das Ziel der Obama-Regierung, die US-Truppen nach und nach abzuziehen und die Sicherheitsverantwortung an die Regierungen in Kabul und Bagdad zu übergeben. Der Vormarsch des IS hat zwar den Zeitplan, aber nicht diese grundsätzliche Linie, durcheinandergebracht. Sowohl einen abrupten Abzug als auch eine massive Wiederaufstockung von US-Bodentruppen hat das Weiße Haus abgelehnt.

Was ist von der Trump-Regierung zu erwarten? 2013 forderte Trump, die US-Truppen aus Afghanistan zurückzuholen; sie würden dort von den Afghanen, die man ausbilde, getötet. Zudem verschwende man Milliarden, die man für den Aufbau Amerikas benötige [1]. Was den Irak betrifft, machte Trump im Wahlkampf die Obama-Regierung für das Chaos dort verantwortlich, das nämlich nicht durch die Invasion (Bush), sondern durch den weitgehenden Truppenabzug (Obama) herbei¬geführt worden sei. Er kündigte einen Bomben-krieg gegen den IS an [2]; schlug vor, Russland den militärischen Vortritt zu lassen, da der Kreml ja auch an einer Niederlage des IS interessiert sei [3]; oder propagierte, die irakischen Ölquellen einzunehmen [4], um so die USA für die Kosten ihres Militäreinsatzes zu entschädigen.

Ein roter Faden war dabei erkennbar: Trump diagnostizierte die gegenwärtigen Strategien in Afghanistan und Irak als für die USA ökonomisch unrentabel. Später relativierte Trump seine „Raus aus Afghanistan“-Forderung und erklärte während des Vorwahlkampfs: „Ich denke, wir müssen eine Weile in Afghanistan bleiben, denn das ist direkt neben Pakistan, das Atomwaffen hat, und das müssen wir absichern.“ [5]

Es ist daher wahrscheinlich, dass die Trump-Regierung die knapp 10.000 US-Soldaten in Afghanistan sowie die knapp 5.000 im Irak belassen wird. Der neue Verteidigungsminister Mattis hat Truppen in beiden Ländern kommandiert und ist dafür bekannt, sich für die regionalen und kulturellen Komplexitäten beider Konflikte zu interessieren. Mattis hat wiederholt die Relevanz des US-Allianzsystems sowie wichtiger regionaler Verbündeter für die Stabilisierung Afghanistans und Iraks betont. Möglicherweise wird die Trump-Regierung den Druck auf Länder wie Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emirate erhöhen, ihre militärischen und/oder wirtschaftlichen Beiträge weiter zu steigern. Entscheidend wird sein, ob die USA eine neue politische Strategie entwerfen, um die vielfältigen Ursachen der Bürgerkriege anzugehen, und wie der Umgang mit Iran aussehen wird, der an den Irak und an Afghanistan grenzt und eine Schlüsselrolle in der Region spielt.

Eine offene Frage ist, wie der neue US-Präsident reagiert, wenn es in einem der Krisenherde zu einer gezielten Provokation oder Demütigung der Vereinigten Staaten, etwa durch IS-Kommandos oder Irans Revolutionsgarden, kommt. Ob Trumps Twitter-Tiraden dann vorschnelle militärische Aktionen folgen, hängt vermutlich davon ob, ob der Präsident vom neuen Verteidigungsminister Mattis eingehegt oder vom neuen Sicherheitsberater Flynn angestachelt wird.

Wie wird sich die US-Außen- und Sicher­heits­politik unter Donald Trump gestalten? HSFK-Expertinnen und -Experten werfen im HSFK-Report „America first: Die Außen- und Sicherheits­politik der USA unter Präsident Trump“ Blicke auf Themen, die aus Sicht der Friedens- und Konfliktforschung besonders relevant sind.