Kongress: Kein Gegengewicht zu Trumps Außenpolitik

von Dirk Peters

in: Caroline Fehl und Marco Fey (Hg.), "America first": Die Außen- und Sicherheits­politik der USA unter Präsident Trump, HSFK-Report Nr. 1/2017, Frankfurt/M, S. 8-9.

Trotz aller Machtfülle regiert der US-Präsident nicht alleine. Der Kongress bildet im US-System der checks and balances das zentrale Gegengewicht zum Präsidenten. Manche Beobachter erwarten denn auch, dass der Kongress Trump außen- und innenpolitisch "bändigen" wird [1]. In der Außenpolitik spricht allerdings vieles gegen eine solche Einschätzung. Denn zum einen verfügen die Abgeordneten hier ohnehin nur über wenige Rechte. Und zum anderen gibt es kaum Gründe, von der republikanischen Mehrheit in beiden Häusern starken Gegenwind gegen Trump zu erwarten.

Rechtlich benötigt der Präsident den Kongress in der Außenpolitik nur selten. Die Ratifizierung einiger internationaler Abkommen (nicht jedoch deren Kündigung) erfordert eine Zweidrittelmehrheit im Senat, die Besetzung wichtiger Posten in der Administration und die Verhängung von Sanktionen erfordern in der Regel das Zusammenwirken von Präsident und Senat. Senat und Repräsentantenhaus gemeinsam verfügen außerdem über die Haushaltshoheit. In zentralen Bereichen der Außen- und Sicherheitspolitik genießt der Präsident allerdings große Freiheiten. In der Diplomatie handelt die Administration praktisch ohne Einschränkung. Bei Militäreinsätzen ist die rechtliche Lage zwar umstritten, de facto hat aber auch hier der Präsident eine ausgesprochen starke Position [2]. Das Recht des Kongresses zur Kriegserklärung ist in der Praxis bedeutungslos und sein Anspruch, über Militäreinsätze spätestens 60 Tage nach deren Beginn verbindlich entscheiden zu können, wurde von US-Präsidenten nie anerkannt. Zwar entsenden Präsidenten Truppen meist mit Zustimmung durch den Kongress, aber sie betrachten die Abstimmung nie als verbindlich. 

Zudem haben George W. Bush und Barack Obama vorgemacht, wie der Präsident wichtige außen- und sicherheitspolitische Entscheidungen treffen kann, ohne die Abgeordneten einzubeziehen. Bush ließ sich nach dem 11. September 2001 vom Kongress weitreichende Freiheiten einräumen, um militärisch gegen al-Qaida vorzugehen. Die nutzte dann auch sein Nachfolger, um den Kampf gegen den IS zu führen [3]. Daneben hat Obama häufig Gebrauch von sogenannten executive orders und ähnlichen Instrumenten gemacht, von verbindlichen Dekreten also, die keiner Zustimmung durch den Kongress bedürfen. Auf solche Erlasse stützt sich zum Beispiel sein Politikwechsel gegenüber Kuba oder die Erleichterung der Iransanktionen im Rahmen des Nukleardeals [4]. Trump steht es frei, diesem Beispiel auch bei anderen Themen zu folgen.

Die stärkste Waffe der Abgeordneten liegt so nicht in ihren Rechten gegenüber dem Präsidenten, sondern darin, die öffentliche Diskussion zu beeinflussen. Dass Trump hier spürbarer Gegenwind droht, ist allerdings unwahrscheinlich. In vielem decken sich Trumps außenpolitische Ankündigungen mit Überzeugungen republikanischer Abgeordneter. Die Betonung der militärischen Stärke der USA, eine härtere Gangart gegenüber dem Iran, Vorbehalte gegenüber internationaler Kooperation, zum Beispiel zum Klimaschutz, sind unter republikanischen Abgeordneten mehrheitsfähig. Und die Kritiker Trumps in den eigenen Reihen dürften durch seinen unerwarteten Wahlerfolg erst einmal zum Schweigen gebracht sein. Immerhin hat er – entgegen allen Prognosen – dafür gesorgt, dass die Republikaner zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder sowohl die Mehrheit in beiden Kammern als auch den Präsidenten stellen.

Auf längere Sicht mag sich das ändern. Mit den Themen Freihandel und Russland gibt es zwei außenpolitische Felder, auf denen sich bereits Differenzen zwischen Trump und der republikanischen Mehrheit zeigen. Zudem hat Trump ein außenpolitisches Kernteam zusammengestellt, das über außergewöhnlich wenig Erfahrung im Umgang mit dem Kongress verfügt. Mit seinem Hang zur Konfrontation und zu Alleingängen kann er sich auch unter Republikanern leicht Feinde machen, wie schon im Wahlkampf zu beobachten war. Doch bis solche Feindschaften offen ausgetragen oder gar zu einer echten Einschränkung für Trumps Außenpolitik werden, wird es einige Zeit dauern. Wenn Trump es vermeidet, durch offensichtliche Fehler große außenpolitische Krisen auszulösen, sollte man vom US-Kongress zumindest bis zu den nächsten Wahlen in zwei Jahren keine „Bändigung“ der Trump-Regierung erwarten.

[1] Jacques Schuster: „Amerikas Demokratie wird selbst einen Trump bändigen“, 13.11.2016, www.welt.de/politik/ausland/article159450190/Amerikas-Demokratie-wird-selbst-einen-Trump-baendigen.html.

[2] Überblick bei Linda L. Fowler 2011: Congressional War Powers, in: George C. Edwards III/Frances E. Lee/Eric Schickler (Hrsg.): The Oxford Handbook of the American Congress, Oxford: Oxford University Press.

[3] Mark Tran: „Q&A on Legal Basis for Obama’s Authorisation of Military Action against Isis“, 11.9.2014, www.theguardian.com/world/2014/sep/11/legal-basis-obama-authorisation-military-action-against-isis-q-and-a.

[4] Yeganeh Torbati/Phil Stewart: „Trump Could Easily Erase Much of Obama’s Foreign Policy Legacy“, 10.11.2016, www.reuters.com/article/us-usa-election-obama-foreignpolicy-idUSKBN1352UE.

Wie wird sich die US-Außen- und Sicher­heits­politik unter Donald Trump gestalten? HSFK-Expertinnen und -Experten werfen im HSFK-Report „America first: Die Außen- und Sicherheits­politik der USA unter Präsident Trump“ Blicke auf Themen, die aus Sicht der Friedens- und Konfliktforschung besonders relevant sind.