[1] Brandon Capece: „Beyond the Wall: What ‘America First’ Would Mean for Latin America“, 26.10.2016, www.coha.org/beyond-the-wall-what-america-first-would-mean-for-latin-america; Jorge G. Castañeda: „The Trump Shock in Latin America“, 11.11.2016, www.project-syndicate.org/commentary/donald-trump-latin-america-by-jorge-g--casta-eda-2016-11.
[2] David M. Pérez: „La retirada de Ford vuelve a hundir al peso mexicano“, 3.1.2017, http://economia.elpais.com/economia/2017/01/03/actualidad/1483471209_603977.html; Binyamin Appelbaum: „With Choice of Trade Negotiator, Trump Prepares to Confront Mexico and China“, 3.1.2017, www.nytimes.com/2017/01/03/us/politics/trump-robert-lighthizer-trade-mexico.html.
[3] Julie Hirschfeld Davis/Julia Preston: „What Donald Trump’s Vow to Deport up to 3 Million Immigrants Would Mean“, 14.11.2016, www.nytimes.com/2016/11/15/us/politics/donald-trump-deport-immigrants.html.
[4] Peter Kornbluh: „Trump Is Threatening to Roll Back Normalization with Cuba – Here’s What’s at Stake“, 6.1.2017, www.thenation.com/article/trump-is-threatening-to-roll-back-normalization-with-cuba-heres-whats-at-stake/.
[5]„Trump amenaza con frenar el deshielo“, 29.11.2016, www.pagina12.com.ar/5848-trump-amenaza-con-frenar-el-deshielo.
[6] Jorge G. Castañeda: „The Trump Shock in Latin America“, 11.11.2016, www.project-syndicate.org/commentary/donald-trump-latin-america-by-jorge-g--casta-eda-2016-11.
[7] André Serbin/Andrei Serbin Pont: „¿Borrar y reiniciar? Trump, América Latina y China“, 13.11.2016, www.cries.org/?p=3593.

Lateinamerika: Weiterer Bedeutungsverlust der USA absehbar

von Jonas Wolff und Lisbeth Zimmermann

in: Caroline Fehl und Marco Fey (Hg.), "America first": Die Außen- und Sicherheits­politik der USA unter Präsident Trump, HSFK-Report Nr. 1/2017, Frankfurt/M, S. 41-42.

In Lateinamerika sorgte Trumps Wahlkampagne mit seiner ausländerfeindlichen Hetze gegen Mexikaner sowie Aussagen zu Massenabschiebungen und Grenzmauerbau für Furore. Hinzu kam seine Ablehnung des nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA sowie der geplanten Transpazifischen Partnerschaft TPP, an der auch lateinamerikanische Länder beteiligt wären [1]. Insgesamt dürfte Präsident Trump aber weniger eine Trendwende herbeiführen, als den ohnehin fortschreitenden politischen und wirtschaftlichen Bedeutungsverlust der USA in Lateinamerika weiter zu beschleunigen.

Die Mexikaner waren unter den Ersten, die die Folgen des überraschenden Wahlausgangs unmittelbar zu spüren bekamen: Der mexikanische Peso trat umgehend einen Sinkflug an. Dies war eine direkte Reaktion auf Trumps Ankündigung, den Freihandelsvertrag zwischen Kanada, Mexiko und den USA neu zu verhandeln und notfalls aufzukündigen. Seit dem Wahlsieg hat Trump bereits erste US-Unternehmen mit einer Mischung aus Drohungen und Steueranreizen dazu gebracht, ihre Investitionspläne zulasten mexikanischer Standorte zu revidieren, und auch die Auswahl des neuen Hauptverantwortlichen für Handelsverträge, Robert Lighthizer, befeuert die Sorge vor einer protektionistisch orientierten Politik [2]. In Sachen Migration hat Trump seine Mauerpläne bekräftigt und erklärt, er werde unmittelbar zwei bis drei Millionen der ohne Papiere im Land lebenden Migranten ausweisen, „die kriminell sind“ [3]. Doch schon unter Präsident Obama wurden rund 2,5 Millionen Menschen abgeschoben und die Grenzbefestigung zu Mexiko massiv aufgerüstet. Das heißt, hier deutet sich weniger eine Kurskorrektur als die Intensivierung einer restriktiven Migrationspolitik an. 

Auch für Kuba sind unmittelbare Konsequenzen absehbar. Die Aufhebung der US-Blockade der Insel ist angesichts der republikanischen Mehrheit, die vehement dagegen ist, im Kongress in weite Ferne gerückt. Auch die graduelle Normalisierung der Beziehungen, die Obama eingeleitet hatte, steht zur Disposition. Trump hat nach der Wahl betont, dass er das „Abkommen“ mit Kuba beenden werde, wenn sich Kuba nicht auf seine Bedingungen einlasse. Die Aufnahme kubapolitischer Hardliner wie Mauricio Claver-Carone (Finanzen) und Yleem Poblete (Nationale Sicherheit) in sein Übergangsteam signalisiert Härte in diesem Bereich [4]. Den Bedingungen – im Kern der Forderung nach einem Regimewandel – wird Kuba sicher nicht nachkommen. Ein offizielles Abkommen mit Kuba, das Trump kündigen könnte, gibt es allerdings gar nicht, sodass US-Experten eher eine Stagnation der Beziehungen erwarten [5].

Weniger klar sind die Implikationen einer möglichen protektionistischen Wende in der US-Politik. Für die betroffenen Regierungen – in Lateinamerika: Chile, Mexiko und Peru – ist die von Trump bekräftigte Aufkündigung des geplanten transpazifischen Freihandelsabkommen TPP sicher nicht erfreulich. Ob TPP für die Bevölkerungen dieser Länder in der Summe positiv wäre, ist allerdings durchaus umstritten. Wichtiger ist deshalb die Frage, welche politischen Effekte es für liberal-konservative Regierungen in der Region haben wird, wenn die USA als Alliierter für Freihandelspolitik entfallen [6]. Dies dürfte sowohl den Autonomiebestrebungen Lateinamerikas als auch der wachsenden ökonomischen Ausrichtung der Region in Richtung China neuen Schub verleihen [7].

Regionalpolitisch dürfte die Rolle der USA in der westlichen Hemisphäre unter Trump weiter sinken. Angesichts der Differenzen unter den Ländern Lateinamerikas ist allerdings weniger mit einer vereinten Gegenwehr als mit pragmatischer Anpassung zu rechnen.

Wie wird sich die US-Außen- und Sicher­heits­politik unter Donald Trump gestalten? HSFK-Expertinnen und -Experten werfen im HSFK-Report „America first: Die Außen- und Sicherheits­politik der USA unter Präsident Trump“ Blicke auf Themen, die aus Sicht der Friedens- und Konfliktforschung besonders relevant sind.