Multilaterale Institutionen: Die Zeichen stehen auf Konfrontation

von Caroline Fehl

in: Caroline Fehl und Marco Fey (Hg.), "America first": Die Außen- und Sicherheits­politik der USA unter Präsident Trump, HSFK-Report Nr. 1/2017, Frankfurt/M, S. 17-18.

Ob Klimawandel, Flüchtlingskrise oder Instabilitäten im Welthandel: Die Weltpolitik ist voller Herausforderungen, die kein Staat im Alleingang lösen kann. Zu ihrer Bearbeitung braucht es multilaterale Regeln und Organisationen. Die USA haben zu diesen seit jeher ein gespaltenes Verhältnis. Dies hat auch in der transatlantischen Partnerschaft immer wieder für Konfliktstoff gesorgt [1]. Unter Präsident Trump ist weiterer Ärger vorprogrammiert.

Als Wahlkämpfer versetzte Donald Trump multilaterale Partner in Alarmbereitschaft. So kündigte er an, das Pariser Klimaschutzabkommen „canceln“ zu wollen, sprach sich gegen bilaterale Freihandelsabkommen wie das transpazifische TPP und das auch in Europa kontroverse TTIP aus, drohte mit der Aufkündigung des NAFTA-Vertrags und mit einem Rückzug aus der Welthandelsorganisation. Die Vereinten Nationen bezeichnete er als nutzlos und drohte mit Budgetkürzungen.

Welche dieser Aussagen waren letztlich nur Wahlkampfgetöse, und wo droht wirklich Ungemach? Das bleibt auch zu Trumps Amtsantritt noch schwer einzuschätzen, denn seine bisherige Aussagen und Personalentscheidungen waren widersprüchlich. So wird Trump voraussichtlich den Klimaskeptiker Scott Pruitt zum Chef der Umweltbehörde und den Freihandelskritiker Wilbor Ross zum Handelsminister machen. Gleichzeitig relativierten er und sein Team zentrale Wahlkampfaussagen: dem Pariser Abkommen begegne er mit einem „open mind“ [2], niemand plane eine Abkehr von NAFTA [3] . Das Ende des transpazifischen Freihandelsabkommens TPP hat Trump dagegen klar bekräftigt. All dies deutet an, dass sich der selbsternannte „Dealmaker“ noch überlegen wird, bei welchen Themen es sich lohnt, amerikanische Interessen durchzuboxen und wo er dafür Entgegenkommen signalisieren könnte.

Dennoch werden unilateralistische Kräfte in den USA unter Trump insgesamt mehr Auftrieb erhalten. So wird mit John Bolton ein aggressiver Unilateralist als stellvertretender Außenminister gehandelt, der als George W. Bushs UN-Botschafter diese Organisation ebenso leidenschaftlich bekämpfte wie etwa den Internationalen Strafgerichtshof [4]. Im Kongress bereitet schon jetzt eine Gruppe von Senatoren drastische Kürzungen der amerikanischen UN-Beiträge vor – als Reaktion auf die umstrittene Israel-Resolution des UN-Sicherheitsrats vom Dezember 2016, aber offenbar gewillt, die Konfrontation auch auf andere Themen auszudehnen und mit Trumps Hilfe mit der ungeliebten Organisation am Hudson River einmal grundlegend aufzuräumen [5].

Trotz aller Unwägbarkeiten ist deshalb davon auszugehen, dass wichtige multilaterale Initiativen in der Ära Trump vor großen Herausforderungen stehen werden.

Beispiel Klima: Trump kann das Pariser Abkommen kündigen – er kann es aber auch einfach ignorieren. Denn rechtsverbindlich ist an dem Vertrag nur der prozedurale Rahmen, die nationalen Emissionsziele für klimaschädliche Gase sind rein freiwillig. Das ist auch deshalb so, weil Obama keine Chance gehabt hätte, das Abkommen als völkerrechtlichen Vertrag im Senat bestätigen zu lassen. Deshalb wählte er die weichere Form des Regierungsabkommens. Handfeste Verpflichtungen gibt es für die USA also gar nicht, insofern würde ihr Austritt rein rechtlich wenig ändern.

Dennoch kann Trump dem internationalen Klimaschutz schweren Schaden zufügen. Zum einen kann er (auch ohne Mitwirkung des Kongresses) Regulierungen wie den Clean Power Plan rückgängig machen, die Obama zur Erfüllung der US-Emissionsziele erlassen hat. Zum anderen besteht die Gefahr, dass andere Staaten es mit der Erfüllung ihrer Klimaziele auch nicht mehr so genau nehmen, wenn die USA nicht mitziehen. Immerhin hat China bereits erklärt, an seinem Engagement festhalten zu wollen [6]. Aber auch die Deutschen und Europäer – deren praktisches klimapolitisches Engagement zuletzt häufiger hinter ihrer ambitionierten Rhetorik zurückblieb – werden jetzt gefragt sein. Wie schon 2001 nach George W. Bushs Abkehr vom Kyoto-Protokoll müssen sie gemeinsam mit führenden Entwicklungsländern das Zepter im globalen Klimaschutz übernehmen.

[1] Caroline Fehl/Johannes Thimm 2008: Weltmacht und Weltordnung. Multilateralismus im transatlantischen Spannungsfeld, SWP-Studie S6; Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik.
[2] Interview, Moderates Views but Defies Conventions“, 22.11.2016, www.nytimes.com/2016/11/22/us/politics/donald-trump-visit.html.
[3] Alexander Bolton: „Transition Official: Trump Will Not Rip up NAFTA“, 5.12.2016, http://thehill.com/business-a-lobbying/business-a-lobbying/308764-transition-official-trump-will-not-rip-up-nafta.
[4] Nahal Toosie/Madeline Conway: „Trump’s Flirtation with Bolton Sends Shivers through Senate“, 14.12.2016, www.politico.com/story/2016/12/john-bolton-state-trump-232573.
[5] Josh Rogin: „Inside the Coming War between the United States and the United Nations“, 28.12.2016, www.washingtonpost.com/news/josh-rogin/wp/2016/12/28/inside-the-coming-war-between-the-united-states-and-the-united-nations/.
[6] Isabel Hilton: „China Emerges as Global Climate Leader in Wake of Trump’s Triumph“, 22.11.2016, www.theguardian.com/environment/2016/nov/22/donald-trump-success-helps-china-emerge-as-global-climate-leader.

Wie wird sich die US-Außen- und Sicher­heits­politik unter Donald Trump gestalten? HSFK-Expertinnen und -Experten werfen im HSFK-Report „America first: Die Außen- und Sicherheits­politik der USA unter Präsident Trump“ Blicke auf Themen, die aus Sicht der Friedens- und Konfliktforschung besonders relevant sind.