Gewalt im Frieden – Menschenrechtssituation und Ressourcenausbeutung in Kolumbien

Vorträge von Pilar Mendoza und Felipe Alberto Corral Montoya vom Instituto CAPAZ in Gießen

Das Instituto CAPAZ in Bogotá (Foto: Claudia Maya, Instituto CAPAZ)

Das Instituto CAPAZ in Bogotá (Foto: Claudia Maya, Instituto CAPAZ)

Das vor fast drei Jahren unter­zeichnete Friedens­abkommen zwischen der kolum­bianischen Re­gierung und der ehe­maligen FARC-Guerilla sieht sich mit erheb­lichen Schwierigkeiten konfrontiert. Im Rahmen von zwei Vorträgen möchten Wissen­schaftle­rinnen und Wissen­schaftler vom deutsch-kolum­bianischen Instituto CAPAZ einerseits die beun­ruhigenden politischen Polarisierung Kolumbiens in den Blick nehmen und andererseits den Konflikt um Roh­stoffe als Hintergrund des Friedens­prozesses analysieren.


Der Friedensprozess in Kolumbien: unvollendet, ständig unter Beschuss… und trotzdem in Kraft.
Vortrag von Pilar Mendoza

Während ein Großteil des Landes, darunter Institutionen, NGOs und die Zivilgesellschaft unermüdlich an der Umsetzung des Friedens­abkommens arbeiten, gibt es einen weiteren, nicht kleineren Teil, der sich diesen Verein­barungen durch politische Mecha­nismen, rechtliche Hinder­nisse und illegale gewalt­tätige Aktionen gegen die Zivil­gesellschaft wider­setzt. Neue Gewalt entsteht in verschiedenen Regionen Kolumbiens durch die Kontrolle über Land und illegale Be­pflanzungen. Systematische Morde an Sozial- und Umwelt­aktivist*­innen und an ehe­maligen FARC-Kämpfern nehmen zu. Derweil versucht die Regierung von Ivan Duque das Übergangs­justizsystem zu be­hindern. All dies zeigt, dass wir in die Zeiten der „demokratischen Sicherheit“ unter dem ehe­maligen Präsidenten Alvaro Uribe Vélez zurück­kehren – was das Gegenteil zum Schutz der Menschen­rechte und im Allgemeinen zu den grund­legenden Aspekten darstellt, die bei den Friedens­ver­hand­lungen in Havanna 2016 vereinbart wurden.


Rohstoffausbeutung in Kolumbien – Wegbereiter oder Hindernis für ein nachhaltigen und umfassenden Frieden?
Vortrag von Felipe Alberto Corral Montoya

Die komplexe Beziehung zwischen Rohstoff­förderung und gewalt­tätige Konflikte ist ein wieder­kehrendes Motiv in Wissen­schaft und Kultur. Einer­seits wird oft argumentiert, dass Bürger­kriege und gewalttätige Aus­ein­an­der­setzungen Inves­titionen und wirtschaft­lichen Wachstum, auch in der Rohstoff­förderung, hemmen. Anderer­seits wird dem Rohstoff­sektor vorgeworfen, Konflikt­parteien die finanziellen und materiellen Mittel zur Ver­fügung zu stellen, um Gewalt zu ver­schärfen und den Konflikt zu ver­ewigen.
Im kolum­bianischen Kontext stoßen während­dessen groß­flächige Rohstoff­förderungs­projekte, z.B. im Erdöl- oder Bergbau­sektor, immer mehr auf Wider­stand von Seiten der Zivil­gesellschaft. Viele Gemeinden haben über ver­schiedene Formen des Protestes, des zivilen Unge­horsams und der politischen Arbeit gezeigt, dass sie sich kein Bergbau und keine Erdöl­förderung in ihren Gebieten wünschen. Allein im Jahr 2017 sind 7 Gemeinden zur Urne gegangen, um ein ein­deutiges Zeichen zum Verbot von ex­traktiven Aktivitäten zu setzen (über 90% der Wähler haben gegen diese Aktivitäten gestimmt).
Es ist also klar, dass Rohstoff­förderung viel Konflikt­potenzial (etwa zwischen Umweltschützer*­innen und Unternehmen) aufweist. Dieser Vortrag versucht einige der Konflikt­linien darzustellen, die aus der legalen Rohstoff­förderung resultieren. Am Beispiel der Erdöl- und Steinkohle­förderung in Kolumbien wird die Rolle des Rohstoff­sektors zur Sicherung eines nach­haltigen Friedens kritisch be­leuchtet. Dabei wird unter­sucht, wie sich Kolumbien in eine para­doxe Situation manövriert, bei der Rohstoff­ausbeutung als Pfeiler der Friedens­bildung dargestellt wird, aber gleich­zeitig eine der Haupt­quellen für neue Konflikte ist.

Die Ver­anstaltung bildet den Abschluss der Projekt­phase der vier Praktikant*­innen des deutsch-kolumbianischen Friedens­insituts CAPAZ aus Deutschland und Kolumbien unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Peters in Ko­operation mit der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Corporación Universitaria Minuto de Dios und dem Zentrum für inter­kulturelle Bildung und Begegnungen in Gießen. Zu den Trägern des Forschungsinstituts gehört auf deutscher Seite auch das Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konflikt­forschung (HSFK/PRIF).

Wann?
Montag, den 24. Juni 2019
19-21 Uhr

Wo?   

Zentrum für interkulturelle Bildung und Begegnungen
Hannah-Arendt-Straße 10
35394 Gießen