Kaum ein Begriff, der in den letzten Jahren in Lateinamerika so oft bemüht und diskutiert wurde wie der des «Buen Vivir». In Ecuador wurde er, ebenso wie in Bolivien, sogar in der Verfassung festgeschrieben. Aber war das «gute Leben» für die linken Regierungen mehr als ein Lippenbekenntnis?
Unter Präsident Rafael Correa baute Ecuador das auf dem Export von Rohstoffen basierende Entwicklungsmodell massiv aus. Aus den Rohstoffeinnahmen finanzierte die Regierung der «Bürgerrevolution» Infrastrukturprojekte und Sozialprogramme. Von einer Abkehr von einer naturzerstörenden Wirtschaftsweise, die stets auch mit dem Begriff «Buen Vivir» verbunden wurde, war dagegen wenig zu spüren. Entsprechend befand sich die Regierung schnell in einer Konfrontation mit indigenen Bewegungen und Umweltaktivist*innen. Die anderen links regierten, von der «pink tide» (der rosaroten Flut) erfassten Länder Lateinamerikas gingen einen ähnlichen Weg. Nun ist die Flut abgeebbt, die Rechte wieder auf dem Vormarsch.
In Ecuador hat zwar 2017 die Partei der Bürgerrevolution, Alianza País, erneut die Wahlen gewonnen und seit einem Jahr regiert Correas designierter Nachfolger Lenín Moreno. Mittlerweile jedoch hat sich Alianza País gespalten, Moreno distanziert sich von seinem Amtsvorgänger und dieser wiederum bezichtigt ihn des Verrats an der «Bürgerrevolution». Während Moreno am neoextraktivistischen Wirtschaftsmodell festhält – trotz der ökologischen Konsequenzen und seiner erwiesenen Krisenanfälligkeit – scheint er gleichzeitig den Dialog mit sozialen Bewegungen zu suchen. Welche Perspektiven eröffnen sich damit den emanzipatorischen Kräften in dem Andenland?
Über Fortschritte, Widersprüche und Perspektiven in Ecuador nach zehn Jahren Bürgerrevolution und Neoextraktivismus, nach einem Jahr Präsidentschaft Lenín Morenos und nach der Spaltung der Regierungspartei diskutieren:
- Gabriela Ruales, Aktivistin und feministische Geographin, organisiert gemeinsam mit Gemeinden im Widerstand kollektive Kartierungen und arbeitet zum Verhältnis von Territorialität und Körper;
- Manuel Bayón, Aktivist und kritischer Geograph, koordiniert u.a. die CLACSO-Forschungsgruppe «Körper, Territorien und Feminismus» und forscht zu Neoextraktivismus und Urbanisierung in Ecuador und
- Jonas Wolff, Dozent an der Universität Kassel und Leiter des Programmbereichs «Innerstaatliche Konflikte» der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, arbeitet aus demokratietheoretischer Sicht
Wann? Montag, den 18. Juni 2018 von 19.00 bis 22.00 Uhr
Wo? Salon der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin
Weitere Informationen und Kontakt unter rosalux.de.