Die Jahreskonferenz der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung rückt in diesem Jahr Konflikte und Kooperation zwischen alten und neuen Großmächten in den Fokus. Unter dem Titel "Multilateralism in the 21st Century" diskutieren am 20. September 2012 hochkarätige internationale Referenten die Chancen und Risiken des neuen Machtgefüges im internationalen System. Denn das ist fraglos in Bewegung geraten: Die wirtschaftliche, vielleicht auch politische, Dominanz der USA geht zu Ende und neue Mächte – wie China, Indien oder Russland – streben eine größere Rolle in der Weltpolitik an – oder haben sie bereits inne. Mit dieser multipolaren Weltordnung und dem sich anbahnenden Machtübergang muss sich die internationale Gemeinschaft auf spannende aber auch gefährliche Zeiten einstellen. Konflikte oder Kriege zwischen Großmächten treten in solchen Situationen traditionell relativ häufig auf, könnten aber unter den heutigen Bedingungen katastrophale Folgen haben. Umso wichtiger ist es Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Großmächte kooperieren und nicht konkurrieren.
Die Jahreskonferenz beschäftigt sich mit den Möglichkeiten solcher multilateraler Großmächtekooperation. Die Referenten, unter anderem aus China, Indien und Russland, diskutieren unter welchen Bedingungen eine friedens- und stabilitätssicherende Zusammenarbeit zwischen Großmächten möglich und geboten ist. Welche Lehren können aus vorhergehenden Ansätzen solcher Kooperationen gezogen werden – beispielsweise dem Mächtekonzert Europas im 19. Jahrhundert? Diese Fragen knüpfen direkt an das von der HSFK geleitete internationale Forschungsprojekt "Ein Mächtekonzert für das 21. Jahrhundert" an.
Auf zwei Paneln diskutieren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Chancen und Risiken der multilateralen Mächtekooperation. Beim ersten Panel steht dabei die Frage im Vordergrund, warum es häufig zu Konflikten zwischen Großmächten kommt. Dies wird aus historischer und theoretischer Perspektive erläutert. Zudem werden spezifische Konzepte – wie etwa das europäische Mächtekonzert – dahin gehend erörtert, welchen Beitrag sie zu gelingender Großmächtekooperation liefern können. Beiträge zu diesen Fragen kommen von Prof. Dr. Matthias Schulz (Genf), Prof. Dr. Andrew Hurrell (Oxford) und Prof. Dr. Reinhard Wolf (Frankfurt).
Die Diskutanten des zweiten Panels fragen nach den neuen, nicht-westlichen Anwärtern auf den Großmachtstatus. Die Expertenrunde widmet sich der Frage, welche Position diese an Einfluss gewinnenden Staaten zu multilateraler Großmächtekooperation einnehmen.
Prof. Alexander Nikitin (Moskau) erläutert in seinem Vortrag, wie sich Russland als Großmacht in seiner Region versteht und wird dabei die Rolle regionaler Organisationen hervorheben, die seiner Meinung nach Einiges zur Kooperation zwischen Großmächten beitragen können. Prof. Pang Zhongying (Peking) stellt die Wichtigkeit von Werten wie Fairness und Gleichheit für eine gelingende Kooperation von Großmächten dar. Prof. Dr. Kanti Bajpai (Singapur) erklärt in seinem Vortrag die Rolle Indiens als neuer Großmacht und dessen Selbstverständnis als Vorkämpfer des Multilateralismus.
Organisiert wird die Konferenz von Prof. Dr. Harald Müller, Leiter des Programmbereichs "Sicherheits- und Weltordnungspolitik von Staaten". Der Programmbereich I untersucht und vergleicht die Sicherheitspolitiken von Staaten. Er analysiert sie auf die in ihnen enthaltenen normativen Orientierungen und Gerechtigkeitsansprüche. Können die verschiedenen Ausrichtungen in Konflikt geraten und welche leisten einen möglichen positiven Beitrag zu einer friedlichen Weltordnung? Diese Fragen werden erforscht in den empirischen Feldern der Nichtverbreitung, Rüstungs- und Militärpolitik, dem Einsatz von Streitkräften und nationalen Diskurse über Sicherheit.
Veranstaltungsort
Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung
Baseler Straße 27-31
60329 Frankfurt a.M.
Programm
14:00-14:10 Uhr
Begrüßung und Einführung
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, HSFK
14:10-15:40 Uhr
Panel 1: Cooperation and Conflict among Great Powers – Theory, History, Concepts
Chair: Tanja Brühl, Goethe University Frankfurt
Panelists:
Matthias Schulz, University of Geneva
Andrew Hurrell, University of Oxford
Reinhard Wolf, Goethe University Frankfurt
15:40-16:00 Uhr
Pause
16.00-17:30 Uhr
Panel 2: Non-Western Great Powers and their Position towards Multilateralism
Chair: Simone Wisotzki, Peace Research Institute Frankfurt
Panelists:
Kanti Bajpai, National University of Singapore
Alexander Nikitin, Moscow State Institute of International Relations
Pang Zhongying, Renmin University of China, Peking
17:30-17:40 Uhr
Schlussworte
Harald Müller
17:40-18:00 Uhr
Pause
18:00-19:00 Uhr