Call for Papers für Workshop im Frühjahr 2021

Wechselnde Herrschaft in (Post-)Konfliktkontexten: Workshop vom DVPW-Arbeitskreis „Gewaltordnungen“ und der HSFK

Person schreibt mit Kugelschreiber auf Papier

Foto: Scott Graham/Unsplash

Am 31. März und 1. April 2021 veranstaltet der DVPW-Arbeits­kreis „Gewalt­ordnungen“ in Kooperation mit dem Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konflikt­forschung (HSFK) den Work­shop "Brüche und Kontinuitäten wechselnder Herr­schaft in (Post-)Konflikt­kontexten" in Frank­furt am Main und online. Dafür wird um Ein­reichung von Beiträgen gebeten.

Themen des Workshops

Die konzep­tuelle Trennung von staat­lichen und nicht-staatlichen Akteur*innen (NSAs) wird in der Konflikt­forschung schon seit einiger Zeit kritisch hinterfragt. Während einige NSAs versuchen, sich staatlicher Kontrolle zu entziehen oder den Staat aktiv zu unter­minieren, ja gar umzustürzen, sind andere mehr oder weniger tief mit staat­lichen Strukturen verflochten. Dies ist vor allem bei NSAs der Fall, die sowohl als Gewaltakteur*in also auch als politische Partei agieren, aber auch bei solchen, die durch den eigenen oder dritte Staaten finanziert werden. Ins­besondere bewaff­nete NSAs sind zudem in der Lage, territo­riale Kontrolle zu gewinnen und zu erhalten, so dass sie staats­ähnliche Struk­turen annehmen. In diesem Kontext ermöglichen Konzepte wie „twilight institutions“ und „Verhandl­ung von Staatlichkeit“ eine An­näherung zwischen der Forschung zu nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen und staat­lichen Akteur*innen. Hier wurde bisher haupt­sächlich auf die synchrone Unter­suchung von hybrider Herr­schaft in einem Gebiet abgehoben.

Die empirische Forschung ist jedoch nach wie vor größten­teils anhand der Trenn­linie Rebellen­gruppen und staat­liche Akteur*innen organisiert. Zudem fehlt eine diachrone Unter­suchung hybrider Herr­schaft. Deshalb wollen wir in dem Work­shop ver­gleichende Perspektiven auf Regierungs­institutionen (Gerichte, Schulen, Univer­sitäten, Polizei, öffentliche Ver­waltung, usw.) sowie deren Praktiken und Diskurse (d.h. im weitesten Sinne Gover­nance) unter der Kontrolle von Rebellen­gruppen und staat­lichen Akteur*innen richten. Insbesondere interessieren uns Brüche und Kontinuitäten unter den Be­dingungen wechselnder Herr­schaft in (Post-)Konflikt­kontexten. Ein Augen­merk liegt hierbei auf der Struktur und den Funktionen dieser Institutionen, ein anderer auf den Erfahrungen der lokalen Be­völkerung.

Welche Institu­tionen übernehmen Rebellen­gruppen, nachdem sie ein Gebiet unter ihre Kontrolle gebracht haben, welche gründen sie von neuem? Welche werden lediglich ‚reformiert‘, aber bleiben in ihrem struk­turellen Aufbau erhalten? Wie ist der Um­gang mit diesen Institu­tionen andererseits mit den Strategien gegenüber der lokalen Bevöl­kerung verbunden, und welche Folgen hat dies für die Legitimität der Akteur*innen und Institu­tionen? Welche Rolle spielt die jeweilige Ideologie der Akteur*innen? Und welche Gemein­samkeiten und Unter­schiede gibt es zwischen unterschiedlichen regionalen Konflikt­kontexten?

Auf der anderen Seite ist zu fragen, wie staatliche (oder ‚staats­gewordene‘) Akteur*innen mit Institu­tionen umgehen, die zuvor unter der Kontrolle von Rebellen­gruppen standen. Während ein radikaler Bruch mit diesen Institu­tionen plausibel erscheint, vor allem wenn es sich um unter­schiedliche Akteur*innen handelt, ist auch die teilweise Über­nahme, ähnlich wie bei nicht-staatlichen Akteur*innen, vorstellbar. Wie wird versucht die lokale Be­völkerung durch diese Institu­tionen (wieder) an den Staat zu binden bzw. auszugrenzen?

Ein dritter Bereich sind die Er­fahrungen der lokalen Bevöl­kerung, die unter­schiedliche Herrschafts­systeme, teilweise im Abstand von wenigen Jahren, oder Misch­formen erleben. Wie nehmen die Menschen in diesen Gebieten selbst Parallelen und Unter­schiede zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Herr­schenden wahr? Welchen Institu­tionen wird überhaupt noch politische Autorität zugeschrieben und wie werden Erfahrungen mit unter­schiedlichen Herrschafts­systemen biographisch und alltags­weltlich verarbeitet?

Paper einreichen

Wir laden alle interessierten Forscher*innen dazu ein, bis zum *4.12.2020* kurze Abstracts (ca. 300 Wörter) zu den im Call themati­sierten Fragen an Regine Schwab (schwab @hsfk .de) zu schicken. Englische und deutsche Beiträge zu jüngeren Phäno­menen, aber auch historische Arbeiten sind willkommen. Vor dem Work­shop im März/April 2021 sollen die Konferenz­beiträge als schriftliche Skizzen (ca. 5000 Wörter) zirkuliert werden. Es ist geplant, die Beiträge als Sonder­heft einer Zeitschrift zu ver­öffentlichen.

// Organisatorinnen: Regine Schwab (schwab @hsfk .de) und Hanna Pfeifer (pfeifer @hsfk .de), Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konflikt­forschung