„Ein neuer alter Krieg?“ Austausch zu russisch-ukrainischem Krieg

Am 13.12.2022 fand die TraCe Auftaktveranstaltung in Berlin statt.

Mit der Veran­staltung  „Ein neuer alter Krieg? Der russi­sche Über­fall auf die Ukra­ine und die Transf­ormat­ion politi­scher Ge­walt?“ stellte sich TraCe als neuer friedens­wissen­schaftli­cher Akteur im politi­schen Berlin vor und för­derte den Aus­tausch zwischen Wissen­schaft und Politik. Vertre­ter:innen von Poli­tik, Wissens­chaft und Zivil­gesell­schaft nahmen an der Veran­staltung in der Hessi­schen Landes­vertretung teil.

Dr. Jens Bran­denburg, Parla­menta­rischer Staats­sekre­tär bei der Bundes­minis­terin für Bil­dung und For­schung, begrüßt­e Teilneh­mende vor Ort und beton­te die Rele­vanz von Gewalt­forschung sowie wissen­schafts­basier­ter Politik­bera­tung. Insbe­sondere ein akti­ver Wissens­trans­fer sei für den Aus­tausch mit der Öffent­lichkeit wich­tig. Im An­schluss würdig­te Angela Dorn, Hessi­sche Staats­ministe­rin für Wissen­schaft und Kunst, TraCe in ihrem digi­talen Gruß­wort als „star­kes Aushänge­schild für die hessi­sche Konflikt­forschung“.

Im Rahmen des ersten Panels, mode­riert von TraCe Sprecher Prof. Dr. Christopher Daase, disku­tierten Prof. Dr. Herfried Münkler, Prof. Dr. Monika Win­gender, Prof. Dr. Thorsten Bon­acker und Prof. Dr. Thilo Marauhn, ob mit dem russi­schen Über­fall auf die Ukraine die Theorie vom zwischen­staat­lichen Krieg als Auslauf­modell wider­legt und eine neue Phase gewalt­samer Kon­flikte einge­leitet wurde. Prof. Dr. Herfried Münkler be­tonte in seinem State­ment, dass ein oder zwei Kriege zwar Trends nicht falsi­fizieren, „die auf einer sehr viel größe­ren Anzahl inner­gesell­schaft­licher Kriege beru­hen. Aber es ist richtig, dass der russi­sche Angriffs­krieg gegen die Ukra­ine zur­zeit unsere Aufmerk­samkeit auf sich zieht und erheb­liche politi­sche Neu­orientie­rungen erzwingt.“

TraCe-Mitglied Prof. Dr. Monika Win­gender ergänz­te eine sprachpo­litische Dimen­sion: „Die Sprachen­frage in der Ukraine wird seit dem Zer­fall der Sowjet­union in Wahl­kampag­nen politi­siert. Russ­lands Propa­ganda miss­braucht diese Politi­sierung, um einen ukrai­nisch-­russi­schen Sprach­konflikt in der Ukra­ine als Recht­fertigung für den Krieg zu konstru­ieren. Die Osteuropa­forschung muss noch inten­siver an Konzep­ten für Wissens­transfer in die Öffent­lichkeit arbei­ten, die Politik muss die Osteuropa­forschung stärker als bisher hören.“ Prof. Dr. Thorsten Bon­acker fügte hinzu, dass in der Debatte ukrai­nische Stimmen stärke­res Gehör finden müssen.

Nach einer kurzen Mittags­pause widmete sich das zweite Panel, mode­riert von Prof. Dr. Markus Lederer, der neuen deut­schen Natio­nalen Sicher­heitsstra­tegie. Die Teil­nehmer:innen Prof. Dr. Hanna Pfeifer, Dr. Jonas J. Driedger sowie Wolf­gang Hellmich (MdB), Dr. Karl-Heinz Kamp (Bundes­minis­terium der Vertei­digung) und Andreas von Brandt (Auswärtiges Amt) disku­tierten, inwie­fern sich Themen jen­seits militä­rischer Sicher­heit in der Natio­nalen Sicher­heitsstra­tegie behaup­ten können und welche Rolle koope­rativer Fried­en ange­sichts des andau­ernden Kriegs spielt.

Obgleich die Nation­ale Sicher­heitsstra­tegie erst im kommen­den Jahr veröffentl­icht wird, betonte von Brandt, dass sie das Prinzip der integrier­ten Sicher­heit in den Vorder­grund stelle und damit die „breite Vernetz­ung von verschie­denen Problem­berei­chen wie beispiels­weise Ener­gie, Cyber­raum oder Klima­krise betont, um diese gemeins­am zu analy­sieren und unter dem Aspekt der Sicher­heit und dem fort­gesetz­ten interna­tionalen Krisen­engage­ment neu zu denken.“

Dr. Karl-Heinz Kamp ergänzte, dass es sich bei der natio­nalen Sicher­heitsstra­tegie um ein Rahmen­dokument handele, „unter dessen Dach verschie­dene konkre­tere Detail­strategien beispiels­weise für den Umgang mit Russland ausgear­beitet werden.“

Wolfgang Hellmich sprach als lang­jähriges Mitglied des Verteidi­gungsaus­schusses über die grund­legend veränderte Debatten­lage seit dem 24. Februar. Als Parla­mentarier sei es seine Aufgabe, nicht nur interne Sicher­heits­fragen zu disku­tieren, sondern die breite Gesell­schaft zu infor­mieren „und die Lage in all ihrer Komple­xität zu schil­dern. Denn letztlich werden die Menschen und ihre Zustim­mung auch ge­braucht.“

Prof. Dr. Hanna Pfeifer knüpfte hier an. Sie betonte die Bedeu­tung der Partizi­pation von Bürger:innen. Dialog­foren zeigen, dass Büger:innen globale Kon­flikte im Prozess durch Alltags­bezüge zwar verein­fachen, auch große Frage­stellun­gen wie Energie­sicherheit und Klima­wandel mit­denken.

Dr. Jonas J. Driedger verwies auf die stei­gende Risiko­bereit­schaft des russi­schen Regimes, welche einer­seits das Über­legen des russi­schen Regimes sichert und diesen Krieg anderer­seits von vergan­genen russi­schen Inter­ventio­nen unter­scheide.

Eine Auf­nahme der Veran­staltung wird zeit­nah auf dem TraCe-YouTube-Kanal zur Verfü­gung stehen.

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Weitere Infor­mationen und Fotos sind auf der Website des Forschungszentrums TraCe vorzu­finden.