Hessischer Friedenspreis für Elisabeth Decrey Warner

Die Präsidentin der Organisation "Geneva Call", Elisabeth Decrey Warner, wurde am 28. September mit dem Hessischen Friedenspreis 2012 ausgezeichnet

Am 28. September fand im Hessischen Landtag im Rahmen eines Festaktes die Verleihung des Hessischen Friedenspreises 2012 an die Schweizerin Elisabeth Decrey Warner statt.

 

Thomas Gebauer, Geschäftsführer der Hilfsorganisation medico international, hielt die Laudatio auf die Preisträgerin. […] Es sei ihm eine große Freude, die Laudatio auf die diesjährige Trägerin des Hessischen Friedenspreises halten zu dürfen, betonte Thomas Gebauer. „Ich freue mich, weil der Preis an eine Frau geht, die sich auf eindrucksvolle Weise um den Frieden in der Welt verdient gemacht hat. Man muss nicht mit den Zielen von ‚Non State Actors‘ einverstanden sein, wenn man sich darum bemüht, dass Menschen, die unter ihrem Einflussbereich leben, ein Recht auf Schutz vor Gewalt haben. Schließlich ist das humanitäre Völkerrecht nicht für Friedenszeiten geschrieben worden, sondern als Kriegsvölkerrecht, wie es früher hieß, zur Regelung des ius in bello, des Rechtes im Krieg. Wo, wenn nicht dort, wo bewaffnete Auseinandersetzungen virulent werden, sollte es denn propagiert werden? Wie armselig wäre es um die Welt bestellt, wenn es nicht das entschlossene Bemühen der Kolleginnen und Kollegen des Geneva Call gäbe, das Recht der Menschen und die humanitären Bestimmungen des Völkerrechtes in die Gegenden der Welt zu tragen, wo sie am dringendsten benötigt werden? Wohltuend heben sich Elisabeth Decrey Warner und der Geneva Call von jenen Politikern in aller Welt ab, die glauben, Frieden sei erst möglich, wenn der Gegner militärisch besiegt ist. Die Idee, mit kriegerischen Mitteln politische Konflikte lösen zu können, aber führt in die Irre. Überzeugt von der Kraft, die im humanitären Völkerrecht und den Menschenrechten liegt, tragen Elisabeth Decrey Warner und der Geneva Call zur Schaffung einer Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens als wohl wichtigste Voraussetzung, um Frieden stiften zu können bei. Denn wo kein Vertrauen herrscht, kann es auch keinen Übergang zum Frieden geben“, betonte Gebauer in seiner Rede.

 

Der Vorsitzende des Kuratoriums Hessischer Friedenspreis der Albert Osswald-Stiftung, Staatsminister a.D. Karl Starzacher, verlas den Text der Urkunde und überreichte diese gemeinsam mit Landtagspräsident Kartmann der Preisträgerin. Darin heißt es: „Frau Elisabeth Decrey Warner wird mit dem Hessischen Friedenspreis der Albert Osswald-Stiftung für ihren überzeugenden und erfolgreichen Einsatz für den Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten und für ihren energischen Kampf um die weltweite Ächtung von Landminen geehrt.

Als Mitbegründerin, Präsidentin und treibende Kraft der Nichtregierungsorganisation Geneva Call widmet sie sich seit mehr als 25 Jahren Flüchtlingsfragen und der humanitären Rüstungskontrolle. Außerdem ist sie in verschiedenen Organisationen für die Umsetzung der UN-Resolution 1325 zur Rolle von Frauen in Friedensprozessen aktiv.

Ihre herausragende Leistung ist es, erstmals nichtstaatliche Gewaltakteure in Regelungen des humanitären Völkerrechts einzubeziehen und damit das Leben von Zivilisten zu retten. Es gelang ihr, bis heute 42 nichtstaatliche bewaffnete Akteure, wie beispielsweise Rebellenarmeen, davon zu überzeugen, keine Anti-Personenminen mehr einzusetzen. Ihre Initiativen zum Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten tragen gleichfalls erste Früchte. Frau Decrey Warner und ihre Organisation Geneva Call nehmen damit eine Vorreiterrolle in der Durchsetzung des humanitären Völkerrechts in innerstaatlichen Konflikten ein. Frau Decrey Warner ist eine engagierte Vorkämpferin für eine humanitäre Rüstungskontrolle. Für ihre Verdienste um den Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten und ihren Kampf um die weltweite Ächtung von Landminen hat das Kuratorium Hessischer Friedenspreis der Albert Osswald-Stiftung Frau Elisabeth Decrey Warner den Hessischen Friedenspreis 2012 zuerkannt.“

 

In ihrer Dankesrede betonte Elisabeth Decrey Warner: „Wir müssen den Frieden nicht erfinden oder neu erfinden, wir kennen seine Bedingungen: Frieden besteht überall und immer in der Achtung der Verwirklichung der grundlegenden Menschenrechte. Aber wir müssen die Instrumente des Friedens erfinden, das sind die Instrumente mit denen die Menschenrechte verwirklicht werden können. Und wir müssen in diesen Prozess alle mit einbeziehen, die Gesellschaft, den Staat, die internationale Gemeinschaft und die NGOs. Sie spielen verschiedene Rollen, die sich gegenseitig ergänzen und verstärken.“

 

Gesamte Pressemitteilung als PDF (Quelle: Hessischer Landtag)

 

Prof. Dr. Harald Müller (geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung) ist Mitglied des Kuratoriums "Hessischer Friedenspreis" der Albert-Osswald-Stiftung.

 

Im HSFK-Report Nr. 5/2010 "Vom Regelbruch zu politischer Verantwortung Die Anerkennung völkerrechtlicher Normen durch nichtstaatliche Gewaltakteure im Sudan" untersucht Stefanie Herr das von Geneva Call entwickelte Deed of Commitment for Adherence to a Total Ban on Anti-Personnel Mines and for Cooperation in Mine Action (DoC). Mit dessen Unterzeichnung verpflichten sich bewaffnete Gruppen, auf den Einsatz, die Produktion, die Lagerung und den Weiterverkauf von Antipersonenminen zu verzichten. Anhand des sudanesischen Gewaltakteurs Sudan People's Liberation Movement (SPLM) und seines militärischen Zweiges (SPLA) zeigt Herr, welche Faktoren für die Anerkennung des Landminenverbots durch die SPLM/A eine Rolle spielten und welche Empfehlungen für die Praxis sich daraus herleiten lassen.