Lehren für die neue Bundesregierung

Sonderstellungnahme des Friedensgutachtens zur gescheiterten Afghanistanmission

A U.S. Army Mine Resistance Ambushed Protected vehicle from Bravo Company, 48th Brigade stands guard as part of the cordon surrounding Ghabi Khail village Dec. 17, 2009 (Photo: ResoluteSupportMedia, Flickr, CC BY 2.0).

Foto: ResoluteSupportMedia, Flickr, CC BY 2.0.

Die Afghanistan-­Intervention infolge des 11. September 2001 war ein gravierender Ein­schnitt für die deutsche Außen-, Sicherheits- und Entwicklungs­politik. Das Scheitern in Afghanistan stellt Grund­annahmen und Praktiken dieser, aber auch anderer Interventionen in Frage. Die Herausgeber:­innen des Friedens­gutachtens ziehen in einer Sonder­stellung­nahme ein Resümee des Einsatzes, analysieren Fehler und sprechen Handlungs­empfehlungen für die neue Bundes­regierung aus. Die Stellung­nahme wurde am 30. September im Rahmen eines Presse­gesprächs vorgestellt und online veröffentlicht.

Die Sonderstellung­nahme zieht Bilanz und blickt gleichzeitig nach vorne. Herausgeber:­innen Prof. Conrad Schetter (BICC), Prof. Christopher Daase (HSFK/PRIF), Prof. Ursula Schröder (IFSH) und Prof. Tobias Debiel (INEF) stellen dabei heraus, dass das Scheitern der Intervention mehr als eine Ursache hat. Vielmehr hätten Unzulänglich­keiten auf der Ebene der multi­lateralen und europäischen Kooperation, des militärischen Ansatzes sowie des international unterstützten Staats­aufbaus die jetzige Situation herbeigeführt. Und letztlich habe auch das Fehlen einer Exit-­Strategie das Scheitern der Mission bedingt.

Defizite der Intervention seien von Seiten der Friedens- und Konflikt­forschung seit 2001 immer wieder formuliert und aufgezeigt worden. Für eine systematische Begleitung und Evaluation der Missionen seien jedoch zu wenige Ressourcen zur Verfügung gestellt worden. Nun stelle sich die Frage, was sich für künftige und aktuelle Einsätze daraus lernen lasse – die Evaluierung des deutschen Beitrags in Afghanistan und weiterer Auslands­einsätze der Bundes­wehr habe höchste Priorität.

Vor diesem Hinter­grund formulieren die Herausgeber:­innen des Friedens­gutachtens in der Stellung­nahme folgende Empfehlungen:

  1. Unabhängige Kommission zur Zukunft deutscher Friedens­missionen einsetzen
  2. Deutschen Beitrag zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus neu ausrichten
  3. Realistische Ziele für künftige Einsätze formulieren und an lokale Kontexte anpassen
  4. Politische Risiken deutscher Auslands­einsätze klarer benennen und Scheitern einplanen
  5. Europäische zivile und militärische Fähig­keiten stärken
  6. Wieder­aufbau nur mit klarer Strategie und unter Risiko­abwägung verfolgen
  7. Frühzeitig den Exit mitdenken

Adressat:­innen der Sonder­stellung­nahme und der Empfehlungen sind die künftige Bundes­regierung sowie der Bundes­tag. Die vollständige Sonder­stellung­nahme zu Afghanistan steht auf friedensgutachten.de zum kostenlosen Download zur Verfügung.

Das Friedens­gutachten hat Afghanistan in den vergangenen 20 Jahren immer wieder unter verschiedenen Gesichts­punkten thematisiert. Unter friedensgutachten.de/2021/themenseite-afghanistan findet sich nun eine Zusammen­stellung aller Beiträge zum kostenlosen Download.

 

Über das Friedensgutachten

Das Friedens­gutachten ist das gemeinsame Gutachten der deutschen Friedens­forschungs­institute (BICC / HSFK / IFSH / INEF) und erscheint seit 1987. Wissenschaftler:­innen aus verschiedenen Fach­gebieten untersuchen darin internationale Konflikte aus einer friedens­strategischen Perspektive und geben klare Empfehlungen für die Politik.

Mehr Informationen unter friedensgutachten.de