Abgeschlossene Promotionen am PRIF

Vier Doktorand*innen verteidigten im Jahr 2023 ihre Dissertationen

Die Förderung des wissen­schaftlichen Nachwuchses ist eine der zentralen Aufgaben des Instituts. In diesem Jahr haben vier unserer Promo­vierenden erfolgreich ihre Disser­tationen verteidigt. Wir gratulieren den diesjährigen Absol­vent*innen Hande Abay Gaspar, Ben Christian, Anton Peez und Clara-Auguste Süß.

Hande Abay Gaspar hat in ihrer Disser­tation untersucht, welche sozialen und poli­tischen Gelegenheits­­strukturen gewalt­volle Radi­kali­sierung begüns­tigen bzw. abbremsen können und welche Mecha­nismen dabei ausgelöst werden. Hierfür hat sie mithilfe einer verglei­chenden Kausal­­prozess­­analyse den Radi­kali­sierungs­­prozess einer gewalt­vollen und einer gewalt­freien sala­fistischen Gruppe in Deutschland rekon­struiert und somit Bedingungs­­faktoren identifiziert, die gewalt­begüns­tigend oder gewalt­­hemmend wirken können. Inzwischen ist Hande Abay Gaspar Co-Leiterin der Forschungs­gruppe „Radi­kali­sierung“ am PRIF. Sie ist außerdem Co-Projekt­leiterin im Projekt „PrEval – Zukunfts­werkstätten“.

Die Disser­tation von Ben Christian geht erstmalig der Frage nach, wie Inter­nationale Orga­nisationen (IOs) mit der Kritik ihrer eigenen Mitar­beiter*innen umgehen. Er argu­mentiert, dass die interne „Kritik­kultur“ eine entscheidende (und bisher weitgehend übersehene) Variable ist, die erklären kann, warum viele IOs nicht aus ihren Fehlern lernen. Obwohl die meisten IOs in den letzten Jahren eine professio­nelle „Lernin­frastruktur“ aufgebaut haben, verhindert der repressive Umgang mit internem Widerspruch, dass diese formalen Strukturen ihr volles Potenzial entfalten können. Zugleich zeigt die Arbeit, dass diese spezifische Haltung gegenüber „Kritik von innen“ nicht nur dysfunk­tional ist. Die repressive Kritik­kultur sorgt auch für organi­sationale Stabi­lität und ermöglicht es Inter­nationalen Orga­nisationen, in einem extrem wider­sprüchlichen Umfeld handlungs­fähig zu bleiben. Die Arbeit erklärt dieses „Kritik­dilemma“ theoretisch und zeigt empirisch, wie IOs mit diesem umgehen. Ben Christian ist mittler­weile wissen­schaftlicher Mitarbeiter an der Goethe-Universität Frankfurt.

In ihrem Promotions­projekt unter­suchte Clara-Auguste Süß den Zusammenhang von gewaltvoller isla­mistischer Radi­kali­sierung, Margi­nali­sierung und Demo­krati­sierung im postrevo­lutionären Tunesien und verdeutlichte die Ambi­valenz von Demo­krati­sierungs­prozessen. Ausgehend von theoretischen Kausal­mechanismen, einer umfassenden Frameanalyse des Online-Outputs jiha­distischer Akteure sowie einer auf Feldforschung basierenden Unter­suchung der Perspek­tiven (potenzieller) Unter­stützer*innen dieser Akteure, plädiert sie für die Notwendigkeit, Margi­nali­sierung in die Erforschung von Radi­kali­sierungs­dynamiken einzubeziehen. Seit September 2023 arbeitet Clara-Auguste Süß als wissen­schaftliche Mitarbeiterin an der Goethe-Universität Frankfurt.

Die Dissertation von Anton Peez untersucht, ob Wirtschafts­sanktionen, die die Demo­kratie und die Menschen­rechte in dem betreffenden Land verbessern sollen, dies auch tatsächlich tun. Er unter­suchte diese Schlüssel­frage der IR-Forschung mit neuen Daten, empi­rischen Methoden und in einem aktu­elleren Zeitrahmen als frühere Arbeiten. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass Sanktionen im Durchschnitt wahrscheinlich immer noch negative Auswirkungen haben, trotz wichtiger poli­tischer Innovationen des 21. Jahrhundert. Neben diesen inhalt­lichen Erkennt­nissen leistet Anton Peez‘ Disser­tation auch einen Beitrag zu den laufenden Disku­ssionen über Repli­kation und syste­matische Über­prüfung in den Sozial­wissenschaften. Seit diesem Jahr ist Anton Peez an der Goethe-Universität Frankfurt als wissen­schaftlicher Mitarbeiter beschäftigt.