Friedensforscher: Verzicht auf Raketenabwehrsystem MEADS kommt sechs Jahre zu spät

Das BMVg entschied am 18. Oktober, auf das kostspielige Raketenabwehrsystem MEADS zu verzichten. Bereits vor sechs Jahren deckten zwei Studien der HSFK erhebliche finanzielle und sicherheitspolitische Defizite am MEADS-Projekt auf und rieten Politikern, die deutsche Beteiligung daran zu überdenken

Im April 2005 stand im Deutschen Bundestag eine wichtige Entscheidung an: Die deutsche Beteiligung am Raketenabwehrprojekt MEADS (Medium Extended Air Defense System) – ein Gemeinschaftsprojekt der USA, Deutschlands und Italiens –  wurde verhandelt. Das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) und eine aus sieben Parlamentariern bestehende Berichterstattergruppe legten nahezu identische Dokumente vor, die als Entscheidungsgrundlage dienen sollten. Dies weckte zum Einen den Verdacht, dass eine parlamentarische Kontrolle der Exekutive hier gar nicht stattgefunden hatte. Zum Anderen stellte sich die Frage, ob jene Vorlage für eine Bundestagsentscheidung überhaupt geeignet war.

 

Eine 2005 veröffentlichte Analyse von Dr. Bernd W. Kubbig, Projektleiter an der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, untersuchte diese Dokumente. Kubbig deckte bereits damals erhebliche Defizite am geplanten Projekt auf. So fand sich keine transparente und überzeugende Kalkulation der zu erwartenden Kosten für MEADS. „In jedem Fall waren mit der deutschen Beteiligung an MEADS aber so hohe Ausgaben verbunden, dass eine gründliche Prüfung des Zwecks unumgänglich war“, erklärte Bernd W. Kubbig. Auch in strategischer Hinsicht schienen die Einsatzmöglichkeiten des Systems äußerst begrenzt. MEADS war ein Produkt des Kalten Krieges, das nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion keine Daseinsberechtigung mehr hatte, denn die Bedrohungen, gegen die es gerichtet war, gab es nicht mehr, so Kubbig. In einer weiteren Untersuchung (2005) prüfte Kubbig nochmals die Kosten für das System. Gerade die finanzielle Seite war Grund für Kritik, da erst nach der Parlamentsentscheidung die kalkulierten Kosten erheblich nach oben korrigiert wurden.

 

„Die aktuelle Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums, auf MEADS zu verzichten, ist sehr zu begrüßen, allerdings kommt sie sechs Jahre zu spät. Es wäre außerdem sehr bedenklich, wenn die nun entstehende Auftragslücke durch neue deutsche Rüstungsexporte, vor allem in die Krisenregion des Nahen Ostens, ausgeglichen würde“, mahnt Kubbig an.

 

PD Dr. Bernd W. Kubbig ist Projektleiter an der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung  und Leiter der Arbeitsgruppe „Raketenabwehrforschung International“.

 

Studien:

Bernd W. Kubbig, Als Entscheidungsgrundlage für das Raketenabwehrprojekt MEADS ungeeignet. Eine Analyse der Dokumente von BMVg und Berichterstattergruppe, HSFK-Report Nr. 2/2005, Frankfurt/M.

http://hsfk.de/fileadmin/downloads/report0205.pdf

 

Bernd W. Kubbig, Raketenabwehrsystem MEADS: Entscheidung getroffen, viele Fragen offen, HSFK-Report Nr. 10/2005, Frankfurt/M.

http://hsfk.de/fileadmin/downloads/report1005.pdf

 

Kontakt:

PD Dr Bernd W. Kubbig

kubbig@hsfk.de