Repräsentationen politischer Gewalt in musealen Räumen

Workshop und Blogbeitrag zu dekolonialen Strategien, umstrittener Erinnerung und transformativem Potential

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Sabine Mannitz und Larissa-Diana Fuhrmann sind auf der Tagung der Deutschen Gesell­schaft für Sozial- und Kulturanthropologie (DGSKA) zu dem Thema „Umstrittenes Wissen / Contested Knowledge: Ethnologische Perspektiven“ mit einem Workshop präsent. Ihr eintägiger Workshop am 26. Juli 2023 trägt den Titel „Repräsentationen Politischer Gewalt in Musealen Räumen: Dekoloniale Strategien, Umstrittene Erinnerung und Transformatives Potential“. Sabine Mannitz und Larissa-Diana Fuhrmann vertiefen damit das Thema ihres Blogbeitrags vom 19. Juli 2023, der für Boasblog die normative Wirkung musealer Displays anhand aus­gewählter Beispiele erörtert.

Museen haben eine wichtige Rolle bei der Ver­breitung von norma­tiven Bildern und Narrativen politischer Gewalt. Sie heben bestimmte Formen, Momente und Motive gewalt­förmigen Handelns hervor und lassen andere unsichtbar. Sie schaffen Angebote für kollektive Deutungen und nehmen so teil an der höchst politischen Praxis der Abgrenzung von legitimer und illegitimer Gewalt: Was gilt als „Terrorismus“, was als „Befreiungs­kampf“, „Verteidigung“ oder „Aufstand“? Welche Akteure waren und sind wann berechtigt, Gewalt zur Durch­setzung ihrer Ziele anzuwenden? Wessen Geschichte soll erzählt werden, was unerwähnt bleiben?

Post­koloniale Per­spektiven haben die Legitimations- und Macht erhaltenden Funk­tionen vieler etablierter Erzäh­lungen und Bilder in musealen Räumen aufgedeckt und ihre Umstrittenheit gezeigt. Es werden De­batten geführt und Verfahren entwickelt zur Repatri­ierung von Artefakten, die mittels Zwang und Gewalt in Museen v. a. von ehe­maligen Kolonialstaaten gelangt sind. Die mit solchen Samm­lungen verbundenen Recht­fertigungen und Konzepte sind ebenso unter Druck geraten wie beschönigende Darstellungen von Er­oberung und Unter­werfung. Zugleich entstehen neue Re­präsentationen historischer wie zeitge­schichtlicher politischer Gewalt; im Zuge der Dekolo­nisierung von Samm­lungen und Ausstellungen, bei der musealen Auf­arbeitung von Bürger­kriegen, Herrschafts­geschichte und Menschen­rechts­verbrechen, aber auch durch gezielte Ins­zenierungen heutiger Gewalt­akteure.

Der Workshop unter­sucht, mit welchen Formen und Wissens­beständen in musealen Kontexten an politische Gewalt erinnert wird und fragt nach ihrem trans­formativen Potenzial für die soziale Ver­arbeitung von Gewalterfahrungen: Welche Deu­tungen der Gewalt werden dem Publikum nahe­gelegt? Wer bestimmt sie, und mit welcher Intention? Werden dekoloniale Strategien und For­men von Koproduktion genutzt? Welche Erkennt­nisse zu Wir­kungen liegen vor?

Mit empirisch, theoretisch oder kuratorisch orientierten Beiträgen beteiligen sich neun Referent:innen: Zoë De Luca (McGill University), Birgit Bräuchler (University of Copenhagen) gemeinsam mit Alexander Supartono (Edinburgh Napier University), Anika Oettler (Philipps Universität Marburg), Sabine Mannitz (PRIF) gemeinsam mit Rita Theresa Kopp (Universität Jena), Kaya de Wolff (Goethe-Universität Frankfurt), Sebastian Köthe (Zurich University of the Arts), sowie Larissa-Diana Fuhrmann (Universität Mainz).

Die viertägige Tagung der DGSKA findet vom 25. bis 28. Juli 2023 in München statt und wird von der DGSKA zusammen mit dem Münchner Institut für Ethnologie organisiert.

Weitere Informationen zur DGSKA-Tagung sowie das vollständige Programm sind auf der Website der DGSKA zu finden.