Nationalistische Religion und demokratische Außenpolitik: Die Demokratie Israel im israelisch-palästinensischen Konflikt

Der Staat Israel, in einer häufig zitierten Wendung als „die einzige Demokratie im Nahen Osten“ bezeichnet, erzielt regelmäßig hohe Werte auf den politikwissenschaftlichen Demokratie-Indizes. Von einer solch stabilen Demokratie würde die Theorie des demokratischen Friedens erwarten, dass sie friedliche Mittel der Konfliktbeilegung gegenüber dem Einsatz von Gewalt bevorzugt. Jedoch zeigt die Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts, dass Israel zur gewaltsamen Eskalation der Auseinandersetzung seinen Teil beigetragen hat; und nicht zuletzt stellt die Besatzung der palästinensischen Gebiete eines der zentralen Hindernisse für einen Frieden in Nahost dar. Das Dissertationsprojekt fragt danach, welche Kräfte innerhalb der israelischen Gesellschaft gegen den Friedensprozess wirken – und identifiziert die nationalistische Religion als ein identitäts- und wertestiftendes Orientierungsmuster, welches mit den liberal-säkularen Präferenzen konkurriert, wie sie dem demokratischen Frieden zu Grunde liegen. Die Theorien des demokratischen Friedens, die der Tradition der Aufklärung und des Liberalismus entstammen, haben hinsichtlich der politischen Wirkung von Religion jedoch einen „blinden Fleck“, weil sie die über Jahrzehnte in den Sozialwissenschaften vorherrschende Säkularisierungstheorie unhinterfragt in ihr Theoriegerüst übernommen haben. Doch entgegen der Erwartung, dass die Religion im Zuge weltweiter Modernisierungsprozesse in die Bedeutungslosigkeit versinken werde, erleben religiöse Bewegungen und Gruppen gegenwärtig weltweit eine Renaissance. Besondere Aufmerksamkeit richtet sich dabei auf die sogenannten„fundamentalistischen“ Akteure, die zunehmend als Bedrohung liberal-demokratischer Werte empfunden werden. In Israel gab es neben der säkularen zionistischen Ideologie von Beginn an auch eine religiöse Deutung des nationalen Projekts. Doch erst nach der Eroberung „biblischer Landschaften“ im Juni-Krieg von 1967 wandelte sich der religiöse Zionismus zu einer messianischen Ideologie, die Konzessionen in der territorialen Frage auf Grund ihrer Interpretation der jüdischen Religion rundweg ablehnte. Auch wenn Religion nicht ursächlich für den Konflikt verantwortlich ist, so gelingt es den national-religiösen Gruppen in der fragmentierten israelischen Gesellschaft dennoch, erheblichen Einfluss auf das Konfliktverhalten des Staates Israel zunehmen.

Mitarbeiter/innen:
1
Demokratie und Gewalt im Heiligen Land | 2008

Claudia Baumgart-Ochse, Demokratie und Gewalt im Heiligen Land. Politisierte Religion in Israel und das Scheitern des Osloer Friedensprozesses, Studien der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (Bd. 2), Baden-Baden (Nomos), 2008.

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2
Religiöser Zionismus und der israelisch-palästinensische Konflikt | 2006

Claudia Baumgart, Religiöser Zionismus und der israelisch-palästinensische Konflikt, in: Tanja Rother/Christiane Fröhlich (Hg.), Zum Verhältnis von Religion und Politik im Nahostkonflikt. Heidelberg: Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft e.V. 2006, Reihe A (Texte und Materialien), S. 137-158.

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3
Religious Zionism and Israel Foreign Policy | 2006

Claudia Baumgart, Religious Zionism and Israel Foreign Policy, Cornell University, Cornell Occasional Paper 30-1, 2006.

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4
Israel vor der Zerreißprobe? | 2005

Claudia Baumgart, Israel vor der Zerreißprobe? Die Siedler und der geplante Abzug aus Gaza, in: Ulrich Ratsch, Reinhard Mutz, Bruno Schoch, Corinna Hauswedell, Christoph Weller (Hg.), Friedensgutachten, Münster (LIT Verlag), 2005, S. 53-59.

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5
Eitler Traum oder erreichbares Ziel? | 2004

Claudia Baumgart/Harald Müller, Eitler Traum oder erreichbares Ziel? Die Idee einer kernwaffenfreien Zone im Nahen Osten, HSFK-Report Nr. 10/2004, Frankfurt/Main

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6
Demokratie im Ausnahmezustand | 2003

Claudia Baumgart, Demokratie im Ausnahmezustand, HSFK-Standpunkte, Nr. 2/2003, Frankfurt/M.

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