Widersprüche in Prozessen der Deradikalisierung

Prävention von Radi­kalisierung und die Deradi­kalisierung von Extremist*innen sind dringende politische und insbe­sondere sicherheits­politische Anliegen unserer Zeit. Ein Schlüssel­moment von Radikalisierungs­prozessen ist das Fest­halten an einer schein­bar kohärenten Reihe von logischen Axiomen und Prinzipien, die den Kern einer bestimmten Welt­anschauung bilden. Im Prozess der Deradi­kalisierung wird dieses Gefühl der Kohärenz häufig durch Wider­sprüche, Zweifel und Dissonanzen gestört. Während die Forschung häufig das schein­bar kohärente Fest­halten an einem episte­mischen Rahmen (in der Regel implizit) voraus­setzt, wird der Frage der Wider­sprüche kaum aus­drücklich Aufmerk­samkeit geschenkt. Vorläufige Forschungs­ergebnisse deuten darauf hin, dass Wider­sprüche eine Schlüssel­rolle beim Disengagement und bei der Deradi­kalisierung von Extremist*innen spielen. Entsprechende Wider­sprüche werden in den Lebens­geschichten ehemals radikalisierter Menschen und in der psycho­logischen und pädagogischen Praxis von Fach­kräften sichtbar. Dieses Projekt untersucht solche Wider­sprüche – breit verstanden als ideologische Annahmen und Narrative, die auf logisch wider­sprüchlichen Axiomen und auf wider­sprüchlichen oder ander­weitig inkohärenten Moti­vationen, Forderungen und emotionalen Impulsen basieren. In diesem Projekt werden psycho­logische, verhaltens­bezogene, gruppen­spezifische und weiter gefasste soziale und gesell­schaftliche Erscheinungs­formen von Wider­sprüchen und die Art und Weise, wie sie bei der Deradi­kalisierung zutage treten, aus einer multi­skalaren Perspektive untersucht. Dabei stellen die über­lappenden Wirkungen von global zirku­lierenden Diskursen, persönlichen und lokal einge­betteten Erfahrungen eine wichtige Erkenntnis­ebene dar: Bedeutungen und Funktionen von Wider­sprüchen werden in diesem Zusammen­spiel beobachtet werden. Das Projekt verspricht Auf­schluss darüber, wie Wider­sprüche in der Praxis genutzt werden können, um Disengagement, Deradi­kalisierung und Präven­tion mit gezielten Interven­tionen zu unter­stützen.

Projektleitung:

Förderer

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
www.dfg.de