Deutsche Außenpolitik und ruandischer Genozid

Sarah Brockmeier und Anton Peez zur deutschen Rolle vor und während des Völkermordes

Volker Rühe (CDU), Verteidigungsminister der BRD von 1992–1998, hier beim Bundesparteitag der CDU in der Bremer Stadthalle 1989 (Foto: Bundesarchiv, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0).

Der Völker­mord an den Tutsi 1994 in Ruanda war eine welt­politische Zäsur. Er warf Fragen zur Verant­wortung der inter­nationalen Gemeinschaft und der Handlungs­fähigkeit ihrer Institutionen angesichts schwerster Verbrechen gegen die Menschlich­keit auf. Die Aufarbeitung noch ungeklärter Punkte dauert bis heute an. In Deutschland zählt dazu auch die Frage nach dem außen­politischen Auftreten der Bundes­regierung vor und während des Genozids.

In ihrer Studie „Akten­einsichten. Die deutsche Außen­politik und der Völker­mord in Ruanda“, veröffentlicht von der Heinrich-­Böll-­Stiftung, beleuchten Sarah Brockmeier und Anton Peez die Rolle Deutsch­lands mithilfe dafür erstmals frei­gegebener Akten des Auswärtigen Amts. Ihre Analyse ergibt unter anderem, dass deutsche Diplomat­:innen 1993 und 1994 besser über die Lage vor Ort unterrichtet waren als bisher angenommen, die sich anbahnende Gefahr allerdings unterschätzten und wichtige Warn­hinweise übersahen.

Das Papier zeichnet neben politischen Fehl­einschätzungen auch die ministeriellen Uneinigkeiten innerhalb der Bundes­regierung nach, die ein stärkeres Engage­ment im ruandischen Friedens­prozess und eine Unterstützung der UN-Friedens­mission im Vorfeld und während des Völker­mords verhinderten. Um die erkannten Fehler in Zukunft nicht zu wiederholen, schlagen die Autor­:innen verstärkte Maßnahmen der Krisen-­Frühwarnung („Early Warning“) in der deutschen Außen­politik sowie den Ausbau der ressort-­übergreifenden Strategien für die rechtzeitige Reaktion auf Warn­hinweise („Early Action“) vor.