Forschung zu Zwang in der Friedensförderung

Neues PRIF Working Paper präsentiert konzeptionellen Rahmen

Menschen sitzen um einen Tisch herum

Konsultationsworkshop der Afrikanischen Union in Mogadischu, Foto: AMISOM Photo / Ilyas Ahmed, Public Domain

Inter­nationale Inter­ventionen zur Friedens­konsolidierung sind seit den 1990er Jahren in der inter­­nationalen Politik in den Vorder­grund gerückt. Dieser Wandel hat zu umfang­reichen Unter­suchun­gen über die Bedingungen für erfolg­reiche Interventions­praktiken und die normativen Spannun­gen, die sie in den Zielländern oft hervorrufen, geführt. Der wissenschaftliche Diskurs hat die sich entwickelnden Ansätze der internationalen Friedens­konsolidierung in mehreren turns konzeptu­alisiert: Das Konzept des liberalpeace­building wurde mit dem Fokus auf local ownership kritisch beleuchtet, gefolgt vom Ruf nach robusteren oder pragma­tischeren Mandaten. Immer wieder wird auch die konzep­tionelle Debatte über die verschwim­menden Grenzen zwischen Friedens­konso­lidierung (peacebuilding) und Friedens­erhaltung (peacekeeping) geführt.

Eine zentrale Frage, die sich aus den genannten Debatten ergibt, betrifft die Rolle von Zwang in der Friedens­förderung: Erleben wir eine Verschiebung hin zu mehr zwangs­basierten (robusten) Ansätzen? Oder hat die Kritik an der liberalen Friedens­konsolidierung und die zunehmende Bedeutung von sogenannten „neuen“ Akteuren aus dem Globalen Süden zu einem Trend von weniger Zwang (light foot­print) und einer stärkeren Berück­sichtigung von local ownership und Inklusi­vität geführt? Wie diese Fragen in der Friedens­forschung gefasst werden können, thema­tisiert das neue PRIF Working Paper No. 61 „Coercion in Peace­building: A Conceptual Framework“ von Antonia Witt, Jonas Wolff, Melanie Coni-Zimmer, Sabine Mannitz und Sophia Birchinger.

Aufbau­end auf einem Literatur­stand zur Konzep­tualisie­rung von Zwang schlagen die Autor*innen einen kon­zeptio­nellen Rahmen vor, um die Rolle von Zwang in der Friedens­förderung zu unter­suchen. Sie untersuchen die komplizierte Beziehung zwischen Zwang und Frieden und beschreiben die verschie­denen Erscheinungs­formen von Zwang in der Friedens­förderung. Der konzep­tionelle Rahmen wird beispielhaft in einer Untersuchung afri­kanischer regionaler Reaktionen auf Putsche als Zwangs­regime veran­schaulicht. Abschließend unter­streichen die Autor*innen die Not­wendigkeit einer sys­te­matischen Betrachtung von Zwang in der Friedens­forschung und heben dessen Bedeutung für die Gestaltung der Ergebnisse und der Wirk­samkeit von inter­nationalen Inter­ventionen hervor.

Das Working Paper baut auf dem vorherigen PRIF-Forschungs­programm „Frieden und Zwang“ auf und wird in einen Sammelband des Projekts „Coercion in Peacebuilding“ einfließen.

Download (pdf): Witt, Antonia / Wolff, Jonas / Coni-Zimmer, Melanie / Mannitz, Sabine / Birchinger, Sophia (2024): Coercion in Peacebuilding: A Conceptual Framework, PRIF Working Papers No. 61, Frankfurt/M.